Erste Hilfe für Meeresschildkröten auf Fuerteventura

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Im Winter steigt die Wahrscheinlichkeit, an den Küsten von Fuerteventura in Not geratene Schildkröten uns sonstige Meeresbewohner zu entdecken. Grund für die vermehrte Sichtung von Hilfe bedürfenden Tieren im Winter sind die Wetterbedingungen auf See. Höhere Wellen und stärkere Strömungen erschweren auch den Meeresbewohnern das Schwimmen. Die ist für die Tiere besonders kritisch, wenn sie verletzt, geschwächt oder krank sind oder sie sich gar in Müll verheddert haben, der im Meer treibt.

Wer ein an Land gespültes oder ein hilflos im Meer treibendes Tier findet, sollte als erstes die Umweltbehörde der Inselverwaltung kontaktieren [Tagsüber: 928 53 34 27 oder 928 86 11 15 oder über die Cabildo-Zentrale: 928 86 23 00. Außerhalb der Dienstzeiten: Bereitschaftstelefon der Umwelt-Beamten: 626 982 371]. Wenn unter diesen Nummern niemand erreichbar ist, kann man auch die allgemeine Notrufnummer 112 wählen.

Die Inselregierung von Fuerteventura bittet die Bevölkerung regelmäßig um Mithilfe. Die Umweltbeamten achteten zwar im Winter besonders intensiv auf möglicherweise verletzte Tiere. Doch sie könnten naturgemäß nicht überall präsent sein.

Nachdem die Behörde verständigt ist, können hilfsbereite Bürger unter Umständen erste Hilfe leisten.

Wenn man eine Schildkröte im Meer treiben sieht, sollte man zuerst prüfen, ob sie sich nicht nur ausruht. Eine Schildkröte in Schwierigkeiten kann man z.B. an einer angetrockneten Oberfläche des Panzers, verkrusteten Algen oder Wunden erkennen.

Wenn man die Schildkröte anfassen muss, sollte man sie nicht am Panzer anheben, sondern unter den Bauch fassen und sie niemals rückwärts, sondern nur vorwärts durchs Wasser schieben. Außerdem sollte man sich vor dem scharfen Schnabel, den Krallen und den Flossen in acht nehmen. Wen die Schildkröte zuschnappt, darf man die Hand nicht wegziehen, sondern muss warten, bis das Reptil das Maul wieder öffnet. Ist es nötig, ein verletztes Tier aufbewahren, bis die professionellen Retter eintreffen, muss sie möglichst kühl, am besten im Schatten, und möglichst feucht gehalten werden. Dabei helfen z.B. nasse Handtücher. Wenn eine Schildkröte transportiert werden muss, geschieht dies idealerweise in einer ausreichend großen Plastikkiste.

Auf keinen Fall darf man einem verletzten Tier etwas zu essen oder zu trinken geben.

In gewissen Fällen kann man erste Hilfe leisten

Wenn ein Tier mit Öl oder Teer verschmutzt ist, kann man Augen, Maul und Nasenöffnungen vorsichtig mit einem weichen Tuch und Speiseöl reinigen und möglichst verhindern, dass das Tier Reste davon schlucken kann.

Reste von Netzen oder Angelschnüren können sich um den Hals oder Extremitäten des Tieres wickeln und diese Abschnüren. Wenn das Tier frei atmen kann und keine Erstickungsgefahr besteht, muss man das Entfernen unbedingt den professionellen Rettern überlassen. Bei abgeschnürten Extremitäten kann es bei fehlender Durchblutung zu absterbendem Gewebe kommen. Die Abschnürung stellt eine Barriere gegen Keime dar. Wird diese aufgehoben, kann dass Tier sehr schnell an einer Blutvergiftung sterben. Ein Tierarzt muss entscheiden, ob die Gliedmaßen zu erhalten sind, oder ob eventuell amputiert werden muss, um das Leben des Tieres zu retten.

Wenn eine Schildkröte einen Angelhaken verschluckt hat, darf sie auf keinen Fall ohne Behandlung freigelassen werden. Sie würde höchstwahrscheinlich qualvoll verenden. Auf keinen Fall versuchen, den Angelhaken zu entfernen, dies geht meist nur in einer Operation. Wenn die Angelschnur aus dem Maul hängt, darf diese nicht abgeschnitten werden, es sei denn, es besteht die Gefahr, dass das Tier sich darin verheddert. (Siehe auch vorherigen Absatz über Abschnürungen). Wenn abgeschnitten werden muss, sollte man mindestens 20cm dran lassen, damit das Tier den Rest nicht verschlucken kann.

Wenn das Tier Schäden am Panzer oder Wunden hat, die z.B. vom Zusammenstoß mit Booten oder Schiffsschrauben herrühren können, kann man Jodlösung (z.B. Betadine) auf die Wunden aufbringen und das Tier mit feuchten Tüchern abdecken, bis die Retter kommen.

Auch wenn man ein verendetes Tier findet, sollte man die Behörden verständigen

Auf keinen Fall sollte man eine verunglückte Schildkröte wieder freilassen, bevor sie von einem Experten untersucht wurde. Schließlich könnte das Tier auch ohne äußere Anzeichen geschwächt sein, z.B. weil es von Parasiten befallen ist oder Plastik verschluckt hat.

Die Inselverwaltung betreibt auf dem Hafengelände von Morro Jable einen „Schildkrötenkindergarten“. Dieser dient nicht nur zur Aufzucht der Baby-Schildkröten, die im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes am Strand von Cofete geschlüpft sind, sondern bietet auch verletzten Tieren die Möglichkeit zu einer von einer Tierärztin kontrollierten Genesung.

Die größte Gefahr für Meeresschildkröten geht von Plastikabfällen aller Art aus. Plastiktüten, Verpackungsnetze oder auch die Plastikverbinder von Dosen-Sixpacks sind oft tödliche Fallen für Schildkröten. Auch Fischernetze, Knäule von Angelschnüren und Angelhaken sind lebensgefährlich. Oft verwechseln die Schildkröten kleinere Plastikteile werden mit Nahrung oder veschlucken transparente Plastiktüten, denn diese sehen ihrer Lieblingsnahrung, den Quallen, zum verwechseln ähnlich.

Der Schutz der Meeresbewohner fängt also schon an Land bei einer verantwortungsbewussten Müllentsorgung an.

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1 Kommentar

  1. Danke für den ausführlichen Bericht. Ich hätte vorher nicht gewusst, was genau zu tun ist bzw. was man bei Schildkröten besser unterlassen sollte, auch wenn es gut gemeint ist.
    Es tut mir in der Seele weh, dass Tiere wegen unserer Welt voller Plastik elendig zugrunde gehen können. Etwas weniger Plastik lässt sich doch sicher auch im Alltag umsetzen.

    Die Pandemie hat ja leider einen Großteil der Bemühungen und Fortschritte der letzten Jahre zunichte gemacht. Allein die Menge an zusätzlichem Plastikmüll durch die doppelt und dreifach verpackten Masken, Tests, Handschuhe, etc. Sehr, sehr schade.

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