Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit auf Fuerteventura: die großen Unbekannten

Arbeitsmarkt-Fuerteventura

Viele Medien auf Fuerteventura, den Kanaren und in Spanien überschlagen sich derzeit mit Nachrichten über die vermeintlich positive Entwicklung des Arbeitsmarktes.

So schreibt z.B. das Onlinenachrichten-Portal NoticiasFuerteventura.com, dass die Arbeitslosigkeit (desempleo) auf Fuerteventura in 2023 um 12% gesunken und dass das „Anziehen der Tourismusindustrie die Insel zu Arbeitslosigkeitszahlen wie vor mehr als einer Dekade zurückbringt“.

Auch die kanarische Regierung brüstet sich mit einem Rückgang der „Personen in Arbeitslosigkeit“ („personas en paro“) auf unter 170.000 Personen, der „niedrigsten Zahl seit 2008“.

Doch die „Arbeitsmarktreform“ der linken Regierung von Pedro Sánchez und der kommunistischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz, die im März 2023 in Kraft getreten ist, macht ein Vergleich der Arbeitslosenzahlen in Spanien vor und nach der „Reform“ sinnlos.

Nicht nur die Opposition, sondern auch viele Wirtschaftsexperten werfen der Sánchez-Regierung eine „Beschönigung“ („maquillaje“) der Zahlen vor.

Denn durch eine einfache „Umetikettierung“ werden hunderttausende von Personen ohne Beschäftigung seit März 2022 nicht mehr als Arbeitslose (parados) gezählt.

Um das Problem der, vor allem in Tourismusgebieten stark ausgeprägten, saisonalen Beschäftigung zu lösen, hat man die Unternehmen kurzerhand gezwungen, ihren Angestellten anstatt des bisherigen zeitlich befristeten Saisonvertrags (contrato temporal por circunstancias de la producción) einen „festen diskontinuierlichen Vertrag“ (contrato fijo discontinuo) zu geben.

Bei den bisher üblichen Saisonverträgen wurde der Arbeitnehmer nach dessen Auslaufen arbeitslos (en paro). Der Arbeitgeber konnte den Arbeitnehmer (in engen gesetzlichen Grenzen) in der nächsten Saison entweder erneut anstellen oder sich einen anderen Arbeitnehmer suchen.

Bei einem „festen diskontinuierlichen Vertrag“ endet dieser mit dem Saisonende nicht, sondern bleibt bestehen (es ist ja ein „fester“ Vertrag). Da das Arbeitsverhältnis nur „ruht“, nicht aber „endet“, bleibt der Arbeitnehmer aus Sicht des Arbeitsministeriums in einem Beschäftigungsverhältnis und wird daher nicht arbeitslos („en paro“) gezählt. Dennoch hat er, unter denselben Bedingungen wie ein „normaler“ Arbeitsloser (parado), Anspruch auf Arbeitslosengeld („prestación por desempleo“). Außerdem wird er für die Zeit, in der er nicht arbeitet, von der Sozialversicherung abgemeldet, sodass der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen muss.

Wenn die Saison wieder losgeht, muss der Arbeitgeber denselben Arbeitnehmer wieder beschäftigen.

Da auch auf den Kanaren und auf Fuerteventura viele Unternehmen starken saisonalen Schwankungen unterliegen, wurden auch auf den Inseln aus vielen Saisonarbeitern „feste diskontinuierliche Angestellte“.

Beschäftigung suchend, aber nicht arbeitslos

Ein Arbeitnehmer mit einem „fijo-discontinuo“-Vertrag kann natürlich einen anderen Job annehmen, wenn er einen findet und arbeiten möchte. Deshalb gilt er zwar als „Beschäftigung suchend“, nicht aber als arbeitslos.

Durch diesen Etikettenschwindel hat sich die Situation der Arbeitnehmer insgesamt nur wenig geändert. Die Regierung kann sich jedoch auf die Fahnen schreiben, dass es ihr „gelungen“ ist, dass Problem der Saisonarbeiter zu „lösen“ (in der Statistik gibt es tatsächlich viel weniger). Außerdem kann sich sich rühmen, dass es nun viel mehr Menschen mit einer „festen“ Beschäftigung gibt und dass die Zahl der registrierten „Arbeitslosen“ stark gesunken ist.

Doch für diesen vermeintlich „positiven“ Effekt muss sich am Arbeitsmarkt tatsächlich gar nichts verändert haben. Arbeitnehmer, die in der Nebensaison keine Beschäftigung hatten, haben auch nach der „Reform“ noch keine Beschäftigung in der Nebensaison. Das strukturelle Problem der saisonalen Schwankungen bleibt unverändert bestehen.

Doch wie läuft der Arbeitsmarkt auf Fuerteventura tatsächlich?

Wenn die offiziellen Zahlen, wie oben erläutert, keine Aussagekraft haben, wie kann man dann die Situation des Arbeitsmarktes auf Fuerteventura einschätzen?

Wir haben verschiedene Unternehmen befragt und überraschende Antworten erhalten.

Es scheint tatsächlich so, dass jeder, der eine gewisse fachliche Qualifikation mitbringt und arbeiten will, problemlos Arbeit finden kann. Viele Unternehmen berichten uns sogar, dass sie große Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen. Das gilt nicht nur für das Gastgewerbe, sondern scheint sich durch alle Branchen zu ziehen. Manche Unternehmen erzählten, dass sie zwar geeignete Leute gefunden hätten, diese aber nur „schwarz“ und „ohne Vertrag“ arbeiten wollten, vermutlich um weiterhin Transferleistungen zu empfangen.

Ähnlich ist es uns bei der Suche nach einem Gärtner ergangen. Firmen nehmen Kleinaufträge gar nicht mehr an, weil sie mit Großkunden wie Hotels mehr als genug zu tun haben. Wenn sich doch einmal jemand dazu herablässt, sich mit einem Kleinauftrag zu beschäftigen, dann ist spätesten bei der Frage nach einer offiziellen Rechnung Schluss.

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