Wann darf man ein öffentliches Gebäude einweihen?

Obras_CentroCultural_Costa_Calma

Es gibt Fragen, deren Antworten gesetzlich geregelt sind. Wann ein öffentliches Gebäude eingeweiht werden darf, ist –nach unserem Wissen- in keinem Gesetz festgeschrieben. Allerdings gibt es eine gesetzliche Regelung dafür, wann ein öffentliches Gebäude nicht feierlich eingeweiht werden darf: Das spanische Wahlgesetz verbietet jegliche feierliche Einweihung in einem bestimmten Zeitraum vor den Wahlen.

Aufgrund der am 22.05.2011 stattfindenden Kommunalwahlen gilt das „Einweihungsverbot“ seit dem 29.03.2011. Ziel dieses Gesetzes ist es zu verhindern, dass die Regierenden kurz vor den Wahlen alles Mögliche einweihen, diese Feiern mit Steuergeldern finanzieren und so dazu nutzen, sich mit ihren „Errungenschaften“ der letzten vier Jahre selbst zu beweihräuchern, sprich Wahlkampf zu machen.

Da aber die vielen Fotos, die bei Einweihungen von der Presse gemacht und anschließend veröffentlicht werden, eine hervorragende und für die Parteien noch dazu kostenlose Wahlwerbung sind, wollte offenbar auch der amtierende Bürgermeister von Pájara, Rafel Perdomo, von der PSOE (Partido Socialista Obrero Español) nicht auf seine Vorwahlkampf-Einweihung verzichten: Am 28.03.2011, also einen Tag vor Beginn der Verbotsphase, wurde das neue Kulturzentrum in Pájara eingeweiht. Dies kann man durchaus als Punktlandung bezeichnen, nachdem die Fertigstellung des Gebäudes sich bis dahin um läppische 15 Monate verzögert hatte.

Wir hatten am Tag der Einweihung des Kulturzentrums die Gelegenheit, den Bürgermeister zu fragen, wann denn das Gebäude nun auch tatsächlich in Betrieb genommen wird. Er sagte, dass „nur noch die Telefonleitungen angeschlossen werden müssten, was etwa 14 Tage dauern dürfte.“

Mit Verlaub, uns erschien diese Aussage schon damals sehr mutig, zumal zu diesem Zeitpunkt auch noch keinerlei Mobiliar im Gebäude vorhanden war.

Nach der „Einweihung“ wich das emsige Treiben, was einige Tage davor zu beobachten war, wieder derselben Lethargie, die in den vielen Monaten zuvor an der Baustelle herrschte.

Am 4. Mai, also mehr als einen Monat nach der „Einweihung“, fiel uns dann eine merkwürdige Aktivität in der Nähe des Gebäudes auf: Ein Bagger hatte ein tiefes Loch gegraben, und drei Arbeiter der Baufirma hatten ein Nivelliergerät aufgestellt und waren am Diskutieren. Ein Blick in die Baugrube verriet, worum es ging: Zwei dicke Abwasserrohre endeten im Nirgendwo. Das Gebäude ist also noch nicht an die Kanalisation angeschlossen. Der Vorarbeiter meinte auf Nachfragen mit einem schelmischen Augenzwinkern, dass das „wohl noch mindestens 14 Tage dauern wird“.

Vielleicht wusste der Bürgermeister ja am 28.03.2011 nicht, dass die Abwasserleitungen noch gar nicht an die Kanalisation angeschlossen warn. Vielleicht ist er ja sogar gutgläubig davon ausgegangen, dass alles in Ordnung ist. Aber sollten für die „Einweihung“ eines öffentlichen Gebäudes nicht ein paar Regeln gelten?

Dürfen wir Steuerzahler nicht erwarten, dass die Regierenden, die das Geld der Bürger zum Bauen ausgeben, die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten kontrollieren?

Warum kann ein Gebäude nach 15-monatiger Verspätung genau an dem Tag „fertig“ werden, an dem es fertig werden muss, damit es vor dem Wahlkampf eingeweiht werden kann?

Sollte ein öffentliches Gebäude, das „eingeweiht“ wird, nicht gleichzeitig in einem Zustand sein, in dem es auch „in Betrieb genommen“ werden kann?

Auch öffentliche Bauten müssen finanziert werden, und die Finanzierungskosten steigen mit der Bauzeit. Auf der anderen Seite entgeht den Bürgern für die Dauer der Verzögerung der Nutzen aus dem öffentlichen Gebäude und damit der Nutzen aus den investierten Geldern.

Herr Bürgermeister: Wann bekommen die Bürger von Costa Calma das Kulturzentrum, für das Baukosten von 756.000 Euro angefallen sind (und sicher auch Finanzierungskosten für 12 Monate geplante Bauzeit plus inzwischen 16 zusätzliche Monate Verzögerung)?

Das Wahlgesetz verbietet übrigens nicht die „Inbetriebnahme“ eines Gebäudes in der Verbotszeit. Diese Inbetriebnahme darf dann nur nicht gefeiert werden!

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