Das mysteriöse Massensterben des Atlantischen Diademseeigels

Diademseeigel

Der Atlantische Diademseeigel (Diadema antillarum) hatte sich seit Jahrzehnten als regelrechte Plage vor den kanarischen Küsten ausgebreitet. Ursprünglich stammt diese Seeigelart mit ihren besonders langen Stacheln aus wesentlich wärmeren Regionen wie der Karibik. Wahrscheinlich ist sie im Ballastwasser von Schiffen zu den Kanarischen Inseln gelangt.

In ihrer eigentlichen Heimat, der Karibik, erfüllen die Stachelhäuter eine wichtige Funktion. Als Pflanzenfresser vertilgen sie Makroalgen und halten so die Korallenriffe von schädlichen Bewuchs frei.
Doch in kanarischen Gewässern gibt es keine Korallenriffe und das Ökosystem funktioniert ganz anders als in der fernen Karibik. Hier sind Makroalgen ein wichtiger Bewuchs auf dem felsigen Untergrund. Die Algen dienen pflanzenfressenden Fischen und anderen Lebewesen als Nahrungsgrundlage, als Versteck und Laichgebiet.

Wo der Diademseeigel gefressen hat, wächst kein Gras mehr (und keine Algen)

Während der unbändige Appetit der Seeigel in der Karibik den Algenwuchs in Schach hält und dadurch den Korallenwuchs begünstigt, zerstört er vor den Kanaren das heimische Ökosystem. Wo die Stachelhäuter nachts auf Beutezug gehen, hinterlassen sie auf den Felsen die reinste Verwüstung. Sie raspeln auch den letzten Rest von pflanzlichem Bewuchs ab. Zurück bleiben weiße, nackte Felsen. Die Spanier nennen diese Zonen „blanquizal“ (von „blanco“ = „weiß“).

Blanquizal 2

Zwar hat der Diademseeigel auch in kanarischen Gewässern Fressfeinde. Bei Papageienfischen, Kugelfischen, Meerbrassen und einigen anderen Arten steht er auf dem Speisezettel. Doch ausgerechnet diese Fischarten sind massiv von Überfischung bedroht, was die Ausbreitung der Diademseeigel weiter begünstigt hat.
Durch die massive Ausweitung der „blanquizales“ gerät der Fischbestand weiter unter Druck. Durch fehlende Laichgründe geht die Zahl der Räuber immer mehr zurück.

Aussichtsloser Kampf

Seit Jahren versuchen Meeresbiologen die Plage einzudämmen. Diverse Tauchschulen haben sich kanarenweit an den Aktionen beteiligt, die darin bestanden, möglichst viele Seeigel von Hand aus den Felsspalten zu sammeln. In den Bereichen, in denen die Seeigel von Tauchern bekämpft wurden, konnte tatsächlich recht bald eine Regeneration des Bewuchses und eine Erholung des Ökosystems beobachtet werden.

Doch viel mehr als ein paar Quadratmeter können bei solchen „Reinigungsaktionen“ kaum von Seeigeln befreit werden. Vielmehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein“ waren die Aktionen also nicht. Der Kampf gegen diese eingeschleppte Art schien verloren und die kanarische Unterwasserwelt für immer verloren.

Plötzliches Massensterben vor den Kanaren

Seit Frühjahr 2018 sehen Taucher und Wissenschaftler jedoch einen Hoffnungsschimmer. Auf einmal geht die Population der Diademseeigel rasant zurück. Es ist von einem regelrechten Massensterben die Rede. Betroffen sind sämtliche Küsten der Kanaren. Auch vor Fuerteventura ist das Massensterben zu beobachten, wie uns Volker Berbig, Inhaber der Tauchschule Deep-Blue in Caleta de Fuste bestätigt: „Da sie bei uns eine Plage waren und mehr zerstört haben als der Natur gut getan hat, ist niemand traurig darüber. Die Natur hat ihr Gleichgewicht wieder hergestellt. Auf den kahlgefressenen Felsen wachsen wieder Algen, Krustenanemonen, Korallen und vieles mehr.“

Der genaue Grund für dieses mysteriöse Massensterben ist noch nicht geklärt. Möglicherweise hat ein Virus die Tiere geschwächt und eine Amöbe hat ihnen den Rest gegeben. Manche Biologen vermuten, dass auch die ungewöhnlich kalten Temperaturen der kanarischen Küstengewässer im Winter 2017/ 2018 dazu beigetragen haben könnten.

Plötzliches Massensterben in der Karibik

In der wissenschaftlichen Literatur finden sich Berichte über plötzliches Massensterben in der Karibik im Jahr 1983/1984. Damals wurden in den verschiedenen Regionen zwischen 87 und 100% der Populationen dahingerafft. Anders als auf den Kanaren, war dieses Massensterben jedoch kein Segen, sondern eher ein Fluch. Die Algen konnten damals die Oberhand gewinnen, was sich negativ auf das Ökosystem der Korallenriffe auswirkte.

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