Gericht annulliert Ausschreibung für Müllabfuhr und Straßenreinigung im Süden von Fuerteventura

Straßenreinigung-Morro-Jable

Der Gemeinderat von Pájara hatte im November des vergangenen Jahres einstimmig die Ausschreibung für einen neuen Vertrag über Straßenreinigung, Müllabfuhr und die Reinigung öffentlicher Einrichtungen genehmigt. Der Vertrag sollte über einen Zeitraum von zehn Jahren laufen und jährlich 5,2 Millionen Euro kosten, mehr als doppelt so viel wie der vorherige Vertrag aus dem Jahr 2012.

Laut Angaben der Gemeinde sollte mit diesem Budget die tägliche Arbeitszeit des Reinigungspersonals erhöht, eine Tür-zu-Tür-Abholung in der Gastronomiezone der Avenida de Morro Jable eingeführt, neue Maschinen angeschafft und die Belegschaft von 86 auf 119 Personen aufgestockt werden.

Bürgermeister Alejandro Jorge erklärte nach dem Beschluss, man erfülle damit „eines der großen Ziele“, das man sich zu Beginn der Legislatur gesetzt habe. Es handele sich um „den wichtigsten Vertrag in Sachen Sauberkeit in der Geschichte der Gemeinde“.

Doch all das wird sich vorerst nicht umsetzen lassen. Das Verwaltungsschiedsstelle für öffentliche Aufträge der Kanarischen Autonomen Gemeinschaft hat die Beschwerden der Unternehmensverbände „Asociación de Empresarios del Servicio de Limpieza de Oficinas y Locales de Las Palmas“ sowie der „Confederación Canaria de la Pequeña y Mediana Empresa“ zugelassen und entschieden, dass die Ausschreibungsunterlagen nicht rechtskonform sind und daher annulliert werden müssen.

Unabhängig davon hatte sich auf die Ausschreibung ohnehin keine einzige Firma beworben und laut Gerichtsentscheidung wurde vom Auftraggeber [also von der Gemeinde Pájara] bisher auch nicht offiziell erklärt, dass das Verfahren damit als gescheitert gilt. Das Schiedsgericht ist ein spezialisiertes Verwaltungsorgan zur Überprüfung öffentlicher Vergabeverfahren und ist dem kanarischen Finanzministerium unterstellt.

Vier zentrale Einwände gegen die Ausschreibung

Die Unternehmerverbände hatten vier Hauptkritikpunkte vorgebracht:

  1. Unverhältnismäßige Eignungskriterien: Die geforderten wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und beruflichen Nachweise verletzten laut den Beschwerdeführern geltendes Recht und seien überzogen. Das Gericht stimmte dem zu und kritisierte in seiner Begründung, dass „weder in den angefochtenen Ausschreibungsunterlagen noch in irgendeinem anderen Dokument der Vertragsakte eine Begründung für die vorgegebenen Eignungskriterien enthalten ist“. Die Anforderungen und deren Umfang seien nicht nachvollziehbar erläutert worden, ebenso wenig deren Zweckmäßigkeit oder Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit dem konkreten Vertragsgegenstand.
  2. Fehlende Kostenstruktur: Der Auftraggeber habe es versäumt, das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zur Ermittlung der Kostenstruktur durchzuführen. Zudem sei die festgelegte Struktur nicht rechtmäßig. Der Basiswert der Ausschreibung sei ebenfalls nicht korrekt berechnet worden. Die Unternehmerverbände erklärten, dass die durchschnittlichen Betriebskosten eigentlich bei 14,81 Prozent lägen, jedoch im Ausschreibungsdokument mit lediglich 5,98 Prozent angesetzt worden seien. Das Schiedsgericht erkennt diesen Punkt teilweise an – insbesondere, dass der Unternehmergewinn in der Kostenstruktur fehle.
  3. Unzureichend begründeter Ausschreibungswert: Laut Schiedsgericht seien sowohl der Basiswert der Ausschreibung als auch der geschätzte Vertragswert nicht ausreichend begründet. Es gebe „Widersprüche bei den zur Berechnung herangezogenen Betriebskosten, die vom Auftraggeber nicht schlüssig erklärt worden seien“.
  4. Unzulässige soziale Bewertungskriterien: Die Unterlagen enthielten qualitative Bewertungskriterien sozialer Art, die sich auf rein mathematische Formeln stützten, was laut Schiedsgericht gegen die eigenen Vorgaben der Ausschreibung verstoße.
    Hier stellt das Schiedsgericht klar: Die Regelungen zum Verhältnis zwischen Unternehmen und deren Beschäftigten unterliegen ausschließlich dem gesetzlichen oder tarifvertraglichen Arbeitsrecht. Es sei daher unzulässig, dass die Ausschreibungsunterlagen zusätzliche Verpflichtungen vorschreiben, die nicht im geltenden Arbeitsrecht oder einem einschlägigen Tarifvertrag enthalten seien. Solche Vorgaben könnten nicht nur diskriminierend wirken und den Wettbewerb verzerren, sondern auch ohne rechtliche Grundlage zu Ungleichbehandlungen innerhalb desselben Unternehmens führen.

Ausschreibungsunterlagen und Verfahren annulliert

Das Schiedsgericht entschied, beide eingereichten Beschwerden zu einem gemeinsamen Verfahren zusammenzulegen und ihnen stattzugeben. Somit werden sowohl die vom Gemeinderat beschlossenen Ausschreibungsunterlagen als auch alle damit verbundenen Handlungen im Vergabeverfahren für nichtig erklärt.

Die Entscheidung beendet das Verwaltungsverfahren. Dagegen kann nur noch innerhalb einer Frist von zwei Monaten ein Einspruch vor dem Obersten Verwaltungsgerichtshof der Kanarischen Inseln eingelegt werden.

Reaktionen aus der Opposition

Auch die Oppositionsparteien Juntos por Pájara und Nueva Canarias hatten von Beginn der Legislaturperiode an eine neue Ausschreibung gefordert. Im November unterstützten sie die Vorlage im Gemeinderat – nicht zuletzt wegen des „bedauerlichen Zustands“, in dem sich viele Ortschaften der Gemeinde befänden.

Nach Bekanntwerden der Einsprüche im Januar 2025 brachten sie einen Antrag ein, um den derzeit gültigen Reinigungsvertrag zu ändern bzw. zu ergänzen. Ziel war es, zusätzliches Personal einzustellen, um den Dienst aufrechtzuerhalten, bis ein neuer Vertrag vergeben werden kann. Im Gemeinderat fragte die Opposition zudem nach konkreten Maßnahmen, die die Gemeinderegierung zur Verbesserung der Sauberkeit ergreifen wolle, während das Ausschreibungsverfahren noch offen sei.

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