
Für private Häuslebauer und Bauträger auf ist es oft ein Albtraum: das Baugrundstück ist bezahlt, der Architekt hat das Bauprojekt fertig gezeichnet und die Bank hat eine Finanzierung in Aussicht gestellt. Doch die Gemeinden lassen sich viele Monate oder gar Jahre Zeit, um eine Baugenehmigung zu erteilen, obwohl gesetzlich eine Bearbeitungszeit von maximal drei Monaten vorgesehen ist. Doch ohne Baugenehmigung kann der Bauträger nicht mit dem Vertrieb beginnen, obwohl erste nachweisbare Verkaufserfolge für eine endgültige Finanzierungszusage sehr wichtig sein können. In jedem Fall gilt: Zeit ist Geld. Und durch die fehlende Personalausstattung der Baubehörden der Gemeinden auf Fuerteventura geht viel Zeit, und somit auch Geld, verloren.
Mit dem Gesetzesdekret 3/2025, das am 22. April 2025 im kanarischen Gesetzblatt (Boletín Oficial de Canarias/ BOC) veröffentlicht wurde, reagiert die kanarische Regierung auf die unerträglichen Verzögerungen bei der Erteilung von Baugenehmigungen und will gleichzeitig die Wohnungsknappheit bekämpfen.
Der gesetzgeberische Vorstoß zielt auf eine tiefgreifende Reform der baurechtlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere durch externe Unterstützung bei der technischen Prüfung von Bauvorhaben.
Darlegung der Motive der Gesetzesinitiative
In der „Darlegung der Motive“ („Exposición de Motivos“) der Gesetzesinitiative benennt die kanarische Regierung deutlich die Ursache des Problems:
Viele kanarische Gemeinden verfügen nicht über ausreichend Personal, um die technischen Gutachten, die für die Erteilung einer Baugenehmigungen vorgeschrieben sind, fristgerecht zu erstellen. Dies führt dazu, dass Bauherren oft monatelang oder sogar jahrelang auf ihre Baugenehmigung warten müssen, obwohl das Gesetz eigentlich eine Bearbeitungsfrist von drei Monaten vorsieht.
Diese Verzögerungen sind laut Gesetzgeber juristisch, wirtschaftlich und sozial untragbar, denn sie verletzen das Recht auf eine gute Verwaltung (Art. 41 EU-Grundrechtecharta), blockieren Investitionen und beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung und verhindern den zügigen Bau von Wohnungen, was das verfassungsmäßige Recht auf angemessenen Wohnraum untergräbt.
Außerdem können die Verzögerungen unter Umständen zu Haftungsansprüchen gegen die öffentliche Hand führen.
Gesetzgebung mit Dringlichkeit
Das Gesetz greift auf die Möglichkeit eines „Decreto-ley“ zurück, weil es sich um eine außerordentliche und dringende Situation handelt. Ohne rasches Handeln würde der Stillstand bei Baugenehmigungen weiterbestehen – mit all den beschriebenen negativen Folgen. Ein solches Gesetzesdekret wird von der kanarischen Regierung verabschiedet und tritt mit Veröffentlichung im Gesetzesblatt in Kraft. Anschließend muss es vom Parlament genehmigt werden. Im einem gewöhnlichen Gesetzgebungsverfahren würde über den Gesetzesvorschlag zuerst im Parlament abgestimmt, bevor es in Kraft tritt.
Was sieht das Gesetz konkret vor?
Als wichtigste Neuerung gibt das Gesetz den Gemeinden und den Bauherren die Möglichkeit, technische Gutachten, die als Grundlage für die Erteilung von Baugenehmigungen dienen, von externen Kooperationspartnern erstellen zu lassen.
Bei diesen Kooperationspartner kann es sich um Berufsverbände (z. B. Architektenkammer),
kommunale Eigenbetriebe („medios propios personificados“) oder andere anerkannte private Kooperationsstellen („entidades urbanísticas de colaboración“) [denkbar wären z.B. spezialisierte Architekturbüros] handeln.
Diese externen Gutachten können von den Gemeinden selbst oder direkt von den Bauantragstellern beauftragt werden. Entscheidend ist: Wenn ein solches Gutachten alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt, muss die Gemeinde keinen eigenes Gutachten mehr erstellen, wodurch das das Verfahren erheblich beschleunigt werden sollte.
Rechtssicherheit und Verantwortung
Die externen Kooperationspartner müssen ihrem Auftraggeber, also entweder der Gemeinde oder dem Bauherren gegenüber für eventuelle Vermögensschäden haften, die durch Fehler in den Gutachten entstehen können. Dafür müssen entsprechende Haftpflichtversicherungen abgeschlossen.
Bei groben Verzögerungen haftet auch die Gemeinde selbst gegenüber dem Bauherren, wenn sie von den neuen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht.
Finanzierung und Anreiz
Um kleinere Gemeinden zu unterstützen, sieht das Gesetz Zuschüsse der kanarischen Regierung für die Beauftragung externer Gutachter vor. Besonders Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sollen davon profitieren. Das ist auf Fuerteventura jedoch nur für die Gemeinde Betancuria relevant.
Weitere Maßnahmen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus
Neben den oben beschriebenen Regelungen sieht das Gesetz auch noch einige weitere Maßnahmen vor, die vor allem den Bau von geförderten Wohnungen mit „bezahlbaren Mieten“ (viviendas asequibles incentivadas), die Fertigstellung von unfertigen Gebäuden und die Umwandlung von Gewerbeflächen zu Wohnzwecken beschleunigen sollen.
Dazu wird auch die Möglichkeit geschaffen, technisch fertige Bauabschnitte vorzeitig umzusetzen, ohne auf den Abschluss der vollständigen Erschließung zu warten.
Das Gesetzesdekret 3/2025 könnte ein Meilenstein im Verwaltungsrecht der Kanaren werde. Es versucht, das Ziel eines rechtsstaatlich abgesicherten Bauens mit der Notwendigkeit beschleunigter Verfahren zu verbinden. Besonders innovativ ist die institutionalisierte Einbindung privater oder halböffentlicher Akteure in Verwaltungsprozesse, ein Modell, das auch auf andere Politikfelder übertragbar sein könnte.
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