Patera ist die spanische Bezeichnung für die Boote, meist Schlauchboote, mit denen Migranten aus Afrika auf die Kanaren übersetzen.
Das Provinzgericht von Las Palmas hat zwei Migranten aus Senegal und Mali freigesprochen, die Bootführer einer solchen Patera bei der Überfahrt von Marokko nach Fuerteventura gewesen sein sollen. Der Freispruch erfolgte aus Mangel an Beweisein. Nach Auffassung des Gerichts reichte die belastende Aussage eines geschützten Zeugen als einziges Beweismittel nicht aus, um eine Verurteilung zu tragen.
Das Urteil stützt sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Danach kann die Aussage eines anonymen Zeugen weder als einziger Beweis noch als Hauptbeweis die Unschuldsvermutung entkräften. Diese Grundsätze legte das Gericht in den Urteilsgründen ausdrücklich zugrunde.
Den beiden Angeklagten drohte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren, die die Staatsanwaltschaft beantragt hatte. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Beide Beschuldigten befanden sich wegen der Vorwürfe in Untersuchungshaft, bestritten von Beginn an jede Täterschaft und erklärten, sie hätten selbst Geld bezahlt, um die Überfahrt mit der Patera antreten zu können.
Die Sechste Kammer der Audiencia de Las Palmas weist in ihrer Entscheidung zudem auf Anhaltspunkte hin, wonach maghrebinische Mitreisende versucht haben könnten, Verantwortung von Landsleuten fernzuhalten. Nach Einschätzung des Gerichts könnten die beiden Angeklagten sowie ein dritter Passagier aus Subsahara-Afrika, der zunächst ebenfalls als Beschuldigter geführt wurde, dessen Verfahren später eingestellt wurde, instrumentalisiert worden sein.
Zur Begründung verweist das Gericht auch auf die Aussage eines Polizeibeamten. Dieser schilderte, dass kriminelle Netzwerke zunehmend junge Menschen subsaharischer Herkunft einsetzen, um Auseinandersetzungen zwischen Banden zu vermeiden und zu verhindern, dass marokkanische Beteiligte in Haft geraten. Vor diesem Hintergrund hält das Gericht es für möglich, dass die drei subsaharischen Insassen der Patera getäuscht wurden, damit ihnen bei der Ankunft in Spanien die Verantwortung für die Fahrt zugeschrieben wird.
In den als erwiesen festgestellten Tatsachen heißt es, dass die beiden freigesprochenen Männer, ohne Vorstrafen, gemeinsam mit 47 marokkanischen Migranten, darunter sieben Minderjährige, sowie dem dritten afrikanischen Staatsangehörigen in einem Schlauchboot reisten. Das Boot verließ Tarfaya in Richtung Kanaren, um irregulär nach Spanien einzureisen.
Die Patera war mit einem Außenbordmotor ausgestattet, verfügte jedoch über keinerlei Sicherheitsvorkehrungen, keine vorgeschriebenen Navigationsmittel, keine Feuerlösch- oder Lenzmittel und kein Funkgerät. Trotz dieser Umstände lief das Boot am 5. April 2024 von Tarfaya in Marokko aus. Am 6. April 2024 wurde es gegen 11.45 Uhr östlich von Fuerteventura von einem Schiff der spanischen Seerettung abgefangen und die Insassen wurden gerettet.
Der Fall verdeutlicht erneut die Schwierigkeiten der Strafverfolgung bei irregulären Atlantiküberfahrten auf die Kanaren. Gerichte sind dabei gehalten, die hohen Anforderungen an den Beweis zu wahren, insbesondere wenn anonyme Aussagen das zentrale Belastungsmittel darstellen und die Freiheit der Beschuldigten auf dem Spiel steht.
Wenn Du unsere Inhalte nützlich, unterhaltsam oder informativ findest, kannst Du den Lohn für unsere Arbeit selbst bestimmen. Das geht ganz einfach über diesen Link: