Energiewende gescheitert? Weniger als 12% des Stroms auf Fuerteventura aus Wind und Sonne

Energiedilemma-Fuerteventura

Das Wort „Nachhaltigkeit“ ist auch auf Fuerteventura in aller Munde. Am liebsten würden die Tourismusverantwortlichen Fuerteventura den Urlaubern als besonders nachhaltiges Urlaubsziel verkaufen.

Behörden auf Fuerteventura ersetzen ihre Flotten durch Elektroautos und erklären öffentlich, dass die Insel dadurch Emissionen reduziere.

Das Trinkwasser, das auf Fuerteventura aus dem Wasserhahn kommt, ist zu 100% entsalztes Meerwasser. Dieses wird mit dem extrem stromfressenden Umkehrosemoseverfahren in Süßwasser verwandelt. Die Entsalzungsanlagen, die auf Fuerteventura im Einsatz sind, stammen zum größten Teil aus dem Mittelalter der Technikgeschichte.

Doch Elektroautos sind nur dann weitgehend emissionsfrei, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Und vergleichsweise ineffiziente Entsalzungsanlagen wären dann kein Problem, wenn der in ihnen verbrauchte Strom zu 100% aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen stammte.

Doch von Nachhaltigkeit bei der Stromversorgung ist Fuerteventura trotz vieler Worte und Absichtserklärungen noch immer meilenweit entfernt. Wie weit, zeigt der kanarische Energiereport für das Jahr 2020, der endlich im Januar 2022 veröffentlicht wurde.

Stromerzeugung auf Fuerteventura sinkt in 2020 um 22,5%

Auf Fuerteventura wurde in 2020 deutlich weniger Strom verbraucht als in 2019. Der Grund dafür ist leicht nachzuvollziehen: wegen Corona waren viele Hotels und Betriebe in vielen anderen Branchen für lange Zeit geschlossen. Dort sind im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter ausgegangen.

In 2019 wurden auf Fuerteventura brutto noch 682,06 Gigawattstunden Strom erzeugt. Im Coronajahr 2020 waren es nur noch 529,55 GWh. Das ist ein sattes Minus von 22,5%.

Zum Vergleich: auf den kanarischen Inseln insgesamt ist die Bruttostromerzeugung nur um 10,5% gesunken.

Anteil der regenerativen Energien an Stromerzeugung bleibt nahezu unverändert

Wenn die Gesamtstromerzeugung um 22,5% sinkt, könnte man eigentlich annehmen, dass es ein Leichtes sein sollte, den Anteil der regenerativen Stromerzeugung zu steigern.

Doch tatsächlich ist der Anteil des „grünen“ Stroms aus Windkraft und Photovoltaik auf Fuerteventura in 2020 praktisch unverändert geblieben. In 2019 machten Solar- und Windstrom 11,7% der gesamten Bruttostromerzeugung aus. In 2020 waren es 11,8%. Außer Wind und Sonne werden auf Fuerteventura keine anderen regenerativen Energiequellen genutzt.

Zum Vergleich: in Deutschland machte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in 2020 bereits rund 47% aus.

Doch warum hat der Anteil der erneuerbaren Energie nicht zugenommen, wenn die gesamte Stromerzeugung so deutlich gesunken ist?

Während die Gesamtstromerzeugung auf Fuerteventura um 22,5% gesunken ist, ist die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen nur um 17,11% zurückgegangen.

Das kann zum einem an den Wetterbedingungen liegen. Weniger Wind bedeutet weniger Strom aus Windkraftanlagen. Weniger Sonne führt zu weniger Strom aus Photovoltaikanlagen. Die Stromerzeugung aus Windkraft ist auf Fuerteventura in 2020 um 20,81% gesunken. Beim Solarstrom lag der Rückgang bei 4,78%.

Das Problem bei erneuerbaren Energien: man muss den Strom entweder in dem Moment verbrauchen, wenn er erzeugt wird. Oder man muss ihn zur späteren Verwendung zwischenspeichern. Abgesehen von ein paar Elektroautos, die als Zwischenspeicher genutzt werden könnten, gibt es auf Fuerteventura keine Systeme zur Stromspeicherung.

Wenn also z.B. mehr Windstrom erzeugt als verbraucht wird, z.B. nachts, dann müssen die Windräder gebremst oder gar abgeschaltet werden.

Dies könnte ein Grund dafür sein, dass der Anteil an erneuerbaren Energien trotz Rückgang der Gesamtstromerzeugung nicht gestiegen ist.

Wie geht es mit der Energiewende auf Fuerteventura weiter?

Wind und Sonne gibt es auf Fuerteventura im Überfluss. Dennoch stammen zurzeit noch immer mehr als 88% unseres Stroms aus einem desolaten Ölkraftwerk in Puerto del Rosario, in dem auch ein paar Gasturbinen Spitzen in der Nachfrage abfangen. Öl und Gas müssen per Tankschiff herangebracht werden, was per se schon nicht besonders nachhaltig ist.

Blickt man die in Landschaft, so scheint es, dass sich auf Fuerteventura einiges in Sachen erneuerbarer Energien tut. Doch die installierte Leistung ist auf Fuerteventura in 2020 um gerade einmal 1,8% auf 43.946 kW gestiegen.

Leider brauchen die Statistiker auf den Kanaren mehr als ein Jahr, um aktualisierte Daten zu veröffentlichen. Ob also die installierte Leistung in 2021 nennenswert gestiegen ist, werden wir erst Anfang 2023 erfahren.

Viel erwarten kann man wohl auf Fuerteventura in 2022 nicht. Um den „Wildwuchs“ von Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu verhindern, haben Gemeinden und die Inselregierung nämlich beschlossen, die Genehmigung von Projekten auf Eis zu legen, bis es eine Energie-Gesamtplanung für Fuerteventura gibt.

Wenn die Gemeinden und das Cabildo bei der Erstellung einer solchen Planung genauso schnell erfolgreich sind wie bei den bisherigen Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, dann kann die Energiewende auf Fuerteventura noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten lassen.

Hier könnt Ihr den Energie-Report 2020 für die Kanarischen Inseln im Original nachlesen.

Den Windpark hinter Costa Calma kann man wohl schon zu den „lost places“ auf Fuerteventura zählen…
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20 Kommentare

  1. Die Lösung wären wohl Batteriespeicher! RWE nimmt gerade zwei Batteriespeicher mit 70 bzw. 110 MW in Betrieb in Lingen und am Gersteinwerk. Gespeichert werden sie durch Wasserkraft. Auf Fuerteventura könnte man sie mit Windenergie oder Sonnenenergie speichern….!
    Vielleicht ein Denkanstoß..

  2. Der Grund dafür ist recht einfach:
    Man hat Solaranlagen jahrelang verboten, um nicht die Kostendeckung des kommunalen Versorgers zu gefährden. Wer eine Photovoltaikanlage installiert hat, wurde gnadenlos vom öffentlichen Stromnetz abgeklemmt. Die dadurch bedingten, fehlenden Photovoltaikanlagen kann man nicht mal eben in ein paar Monaten aufbauen und kompensieren. Dazu fehlen Fachbetriebe, ausreichend Panels und Stromspeicher…es wird also dauern, bis die Privatleute und die Wirtschaft mit Anschaffung und Ausbau beginnt.

  3. Wenn eine Region ihren Strom komplett aus erneuerbaren Energien beziehen könnte, dann das sonnenverwöhnte und stets windige Fuerteventura. Wenn es nicht mal da funktioniert, bin ich auf Deutschland im Jahre 2030 gespannt😂

  4. Es wäre schön,wenn man das ganze Geld,was für sinnlose und für mich hässliche Kunstwerke entlang der Promenade in Jandia ausgegeben wurde, für regenerative Energieversorgung und Infrastruktur und Bepflanzung eingesetzt hätte.

  5. Ist natürlich sehr lustig Elektroautos auf Fuerte zu fahren und dann den Strom von Dieselgeneratoren zu nehmen….
    Ich denke die Energiewende ist nicht nur bei der Regierung noch nicht angekommen sondern auch beider Bevölkerung.
    Hier in Frankfurt habe ich eine 10kWp Photovoltaik Anlage installiert die, zumindest im Sommer, Strom ohne Ende liefert.
    Kaum auszudenken was eine solche Anlage auf den Kanaren ballern würde.
    Auf dem Hausdach unseres Hauses auf dem Caleta-Berg DARF ich keine PV installieren wegen Verschandelung. Das ist nicht bestimmt von der Regierung sondern von der WEG. Die Anlage wird hauptsächlich von Spaniern bewohnt.
    Echt schade!

  6. Wir machen seit vielen Jahren 1-2mal im Jahr (5-8 Wochen) Urlaub auf Fuerteventura in Costa Calma. Von unserem Ferienhaus können wir den Windpark hinter Costa Calma sehen. Die meisten Windräder stehen ständig still, für uns total unverständlich. Normalerweise ist diese Insel doch prädestiniert dafür Wind- und Sonnenenergie in Strom bzw. in Wasserstoff zu wandeln.

  7. Thomas das ist richtig, heute mit einer Wartung anzufangen ist absolut sinnlos, da das meiste schon vergammelt ist. Wenn Du jetzt schreibst dass 3 neue Windräder die 40 existierenden ersetzen könnten, wie wäre es dann mit 40 neuen Windkrafträdern. da müsste ja dann nach Deinen Zahlen ungefähr eine Leistung von ca. 150 Megawatt zusammenkommen.

  8. Seltsamerweise hat El Hierro es schon geschafft, sich von den Fossilen, was den Strombedarf betrifft, zu lösen. Es gibt doch eine gesamte Regierung von den Kanaren, wenn ich nicht falsch informiert bin. Damüsste es doch möglich sein, Fortschritte zu erzielen. Wieviel Geld käme denn zusammen, wenn man Pro Tourist und Tag einen Euro kassiert, um die Inseln energetisch zu modernisieren. Das wäre doch eine dreistellige Millionensumme!

    • Ich weiß nicht, wie man es geschafft hat, diese Legende von El Hierro aufzubauen. Aber laut offiziellem Energiereport 2020 der kanarischen Regierung (Seite 106) betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf El Hierro 54,3% und nicht 100%. Die restlichen 45,7% stammen zu 100% aus einem Ölkraftwerk.

  9. Re: „Abgesehen von ein paar Elektroautos, die als Zwischenspeicher genutzt werden könnten, gibt es auf Fuerteventura keine Systeme zur Stromspeicherung.“
    ……………………………..
    Nun ja… mit Solarstrom entsalztes Wasser könnte man doch evtl. über Nacht speichern ?
    Früher und auch heutzutage soll es andernorts sogenannte „Wassertürme“ geben, in denen man Trinkwasser sogar über längere Zeiträume speichern kann. Tagsüber könnte man das entsalzte Wasser mit Solarstrom in diese Türme hochpumpen, von wo es dann ganz von alleine nachts aus den Wasserhähnen liefe.
    – Aber das ist Raketentechnik, und Elektroautos sind ja auch was Schönes. Vor allem wenn man mit ihnen tagsüber fährt, wozu sie die Gemeinde doch eigentlich angeschafft hat?
    p.

    • Es gibt dabei nur ein Problem bei der Produktion von Trinkwasser in Osmoseanlagen: Diese können nicht einfach in der Nacht abgeschaltet werden, sondern müssen kontinuierlich laufen, da sonst die Membranen unbrauchbar werden. Aber sicher könnte die Speicherung von Süßwasser ein Baustein bei der Speicherung von überschüssigem Strom sein.

    • Ich habe vor kurzem eine Festlandspanierin auf Fuerteventura kennen gelernt, die mittlerweile seit sechs Jahren auf den Kanaren in der Tourismusbranche tätig ist.
      Die ist – Originalton – von den mafiösen Strukturen der Kanaren-Regierung erschüttert.

      Hier liegt das Problem, überhaupt erst einmal die Bereitschaft der Regierenden zu erlangen, um Fortschritte für die Inselgruppe zu erzielen. Zuerst müssen Vetternwirtschaft und Korruption beseitigt werden, bevor man auf den Kanaren eine nachhaltige Energiewirtschaft errichten kann.

  10. Sehr guter und informativer Artikel.

    Einmal mehr wird darin aufgezeigt, dass sich die Behörden lieber mit hochtrabenden Projekten beschäftigen und schmücken, als dass sie sich mit den dringendsten Problemen der maroden Infrastruktur befassen.

  11. Hallo
    Bei Gran Tarajal wurde ein grosses Feld mit Solar gebaut, kann man nur hoffen daß die in Betrieb genommen werden , und nicht umsonst sind, so wie die Windräder in Marcos Sanches/Las Hermosas, die stehen seit Wochen still , die Tag und Nacht Lampen brauchen evtl auch noch Strom aus Pto….????

  12. Der Rückgang bei der Stromgewinnung mit erneuerbaren Energien kann am Wetter liegen, hauptsächlicher Grund ist aber der, das diese Windkrafträder auch gewartet werden müssen um Ihre Leistung zu erbringen. Wer sich den maroden Windpark an der Costa Calma anschaut, weiß wovon ich rede. Hier wird seitens der Gemeinde bzw. verantwortlichen Behörden genausoviel Sorgfalt investiert, wie beim Wassernetz oder Pflege der öffentlichen Bereiche, wie Bürgersteige, Grünflächen, Strand usw. . Jahrzentelang wurden die Touristen nur abkassiert aber in Infrastruktur wurde nur investiert wenn diese EU-subventioniert waren.

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