
Ein Senegalese mit den Initialen S.C. ist auf Fuerteventura zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Er war Mitglied in einer Schleuserbande, die den Tod von 96 Migranten auf 4 sogenannten Pateras (Migrantenbooten) mitzuverantworten hat.
Der Angeklagte hatte eine Haftstrafe von vier Jahren akzeptiert, nachdem er eingeräumt hatte, Teil eines in Marokko verwurzelten Schleusernetzwerks gewesen zu sein, das zwischen August 2022 und Oktober 2022 vier Pateras in Richtung Kanaren auslaufen ließ. Bei diesen Überfahrten kamen insgesamt 96 Menschen ums Leben.
Das Gericht verkündete unmittelbar im Anschluss eine Einvernehmensentscheidung („sentencia de conformidad“), nachdem sich die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung des Angeklagten S.C. auf eine Strafminderung geeinigt hatten. Ursprünglich hatte die Anklage eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert. Damit ist das Urteil sofort rechtskräftig und kann die Justiz nicht mehr in weiteren Instanzen belasten.
Auslöser der Ermittlungen war eine Untersuchung der Zentralen Einheit gegen illegale Einwanderungsnetzwerke und Dokumentenfälschung („Unidad Central de Redes de Inmigración Ilegal y Falsedades Documentales“/ UCRIF) in Las Palmas. Die Beamten stellten die Existenz einer im Süden Marokkos ansässigen Organisation fest, die Überfahren mit sogenannten Pateras organisierte, um Migranten, meist aus Subsahara-Afrika, auf die Kanaren zu bringen.
An der Spitze der Organisation stand laut Anklageschrift ein ebenfalls aus Senegal stammender Mann mit den Initialen K.D., bekannt unter den Namen „Pa Gambia“ oder „Le Veux“. Er verfügte nach Angaben der Staatsanwaltschaft über die notwendigen Kontakte, um die Boote auslaufen zu lassen, ohne von der marokkanischen Polizei oder Marine abgefangen zu werden. Diese Darstellung ist mittlerweile Teil der als erwiesen geltenden Tatsachen.
Für die Organisation arbeiteten mehrere Helfer, allesamt Subsahara-Afrikaner. Sie waren dafür zuständig, Migranten anzuwerben, deren Unterbringung vor der Abfahrt in Unterkünften zu überwachen, Passagierlisten zu erstellen, Zahlungen einzuziehen und die Transporte zu den Abfahrtsorten zu koordinieren. Zu den identifizierten Mitgliedern zählen neben Pa Gambia auch B.M., M.M. mit dem Spitznamen Penda, A.D. genannt General, M.S. genannt Comando sowie der nun verurteilte S.C.
Die Anklage bringt die Ankunft von mindestens vier Schlauchbooten zwischen August 2022 und Oktober 2022 mit diesem Netzwerk in Verbindung.
Bei der zweiten Überfahrt befand sich S.C. selbst an Bord. Das erste Boot lief von Tan Tan in Marokko aus und kenterte am 10.08.2022 mit 61 Menschen an Bord, es gab keine Überlebenden. Das zweite Boot wurde am 19.09.2022 in Gewässern nahe Fuerteventura gerettet, an Bord befanden sich 56 Migranten.
Die dritte Patera wurde am 01.10.2022 nahe Gran Canaria vom Schiff Bulk Japan entdeckt. Sie war mit 34 Personen gestartet, nur ein Mann überlebte.
Bei der vierten Überfahrt kam eine Frau ums Leben, der Fall führte zu einem abgekürzten Verfahren, in dem ein weiterer Beteiligter zu vier Jahren Haft verurteilt wurde.
Verurteilter kam selbst mit Patera nach Fuerteventura
Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass S.C. auf der am 19.09.2022 geretteten Patera unterwegs war, die anschließend nach Fuerteventura gebracht wurde.
Er befindet sich seit dem 14.10.2022 in Untersuchungshaft. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft begann er zunächst selbst als Migrant, integrierte sich jedoch später in die Organisationsstruktur und arbeitete eng mit den direkten Befehlsempfängern von Pa Gambia zusammen, mit dem er sich auch persönlich traf.
S.C. war unter anderem für die Anwerbung von Migranten zuständig, erstellte Passagierlisten, nahm Zahlungen entgegen, überwachte die Menschen in den Unterkünften vor der Abfahrt und begleitete sie in abgelegene Gebiete, wo Boote, Treibstoff und Motoren bereitgestellt wurden. Auf der Überfahrt nach Fuerteventura reiste er gemeinsam mit den Bootsführern und übermittelte der Organisation fortlaufend die Position der Patera.
Nach Auffassung der Anklage war sich der Verurteilte bewusst, dass die eingesetzten Mittel das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Menschen massiv gefährdeten und dass seine Tätigkeit die illegale Einreise subsaharischer Migranten nach Europa ermöglichte.
Wenn Du unsere Inhalte nützlich, unterhaltsam oder informativ findest, kannst Du den Lohn für unsere Arbeit selbst bestimmen. Das geht ganz einfach über diesen Link:







