Fuerteventura im Ausnahmezustand

Alle Flüge nach Fuerteventura sind annulliert worden und alle Seeverbindungen sind infolge der Schließung der Häfen der Insel zum Erliegen gekommen. Aufgrund des dadurch zu erwartenden Versorgungsengpasses hat die Inselregierung angekündigt, ab dem 1.04. Lebensmittel und Trinkwasser zu rationieren.

An den Wahrheitsgehalt dieser Nachricht hätte ich zweifelsfrei selbst geglaubt, als ich am Freitagabend, 26.03.2010, bei LIDL in Puerto del Rosario einkaufen war. Nur mit viel Glück konnte ich einen Parkplatz in der Nähe des Firmengeländes finden. Der hauseigene Parkplatz war aufgrund des Andrangs hoffnungslos überfüllt und musste von einer eigens dafür abgestellten Sicherheitskraft abgeriegelt werden.

Als ich den Eingang zu den Verkaufsräumen passierte, traute ich meinen Augen kaum. Zwar war ich durch die Berichte anderer und die Eindrücke vom Eröffnungstag vorgewarnt, doch es kam aufgrund der unglaublichen Menschenmassen, die mit Berg vollgepackte Einkaufswagen vor sich her schoben und die gut 4m langen Kassenbänder zum überquellen brachten sofort der Gedanke an Panikkäufe auf. Die Leute schleppten Paletten mit Schokopudding zu 0,25€ an die Kasse, als gäbe es kein Morgen mehr. In den Einkaufswagen stapelten sich die Süßigkeiten, als ob am nächsten Tag ein Gesetz gegen Kalorienbomben in Kraft treten würde.

Als bekennender Einkaufshasser hätte ich unter normalen Umständen auf dem Abseits kehrt gemacht, meinen Einkaufswagen gegen eine Ein-Euro-Münze zurückgetauscht und das Weite gesucht. Doch ich hatte eine Mission zu erfüllen. Von meiner besseren Hälfte mit einer umfangreichen Einkaufsliste ausgestattet, wagte ich mich also notgedrungen ins Getümmel.

Mit dem Eintauchen in die LIDL-Einkaufswelt verliert man sofort einen Teil seiner Selbstbestimmung, zumindest was die Bewegungsrichtung und –geschwindigkeit angeht. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als im Strom der Einkaufswagenschieber und Körbchenschlepper mitzuschwimmen. Verweilt man an einer Stelle zu lange, wird man von dem sich von hinten kontinuierlich aufbauenden Druck zunächst sanft, bald aber vehement weitergespült.

In den Gesichtern der Einkaufenden lassen sich deutliche Emotionen erkennen: Die routinierten Hausfrauen nehmen den Einkaufsstress scheinbar gelassen auf sich und freuen sich über die im Vergleich zu anderen Supermärkten günstigen Preise. Die In-der-Regel-nicht-Einkäufer, sprich Männer, dagegen sind dem Stress weniger gut gewachsen und würden die müden Füße lieber möglichst schnell wieder auf der heimischen Couch ablegen. Und müde werden die Füße ganz sicher, denn 1,5 bis 2 Stunden muss der LIDL-Erstkäufer schon einplanen, um sich einen ersten groben Überblick zu verschaffen und seinen Einkaufswagen zu füllen. Ein spanischer Bekannter, dem ich im Getümmel auf die Füße trat, fluchte und schwor, kein zweites Mal zu kommen, um dann sofort einzulenken und mir seine Beute und den Grund seines Kommens zu zeigen: Deutsches Flaschenbier, „das gibt’s hier auf Fuerte sonst nirgendwo“. Sprach’s und verschwand in der Menge.

In all dem Geschiebe und Gedränge hatte ich dann natürlich Sorge, dass sich an das Füllen des Wagens nun noch ein langes Warten an der Kasse anschließen würde. Doch weit gefehlt: Die Kassiererin hatte offensichtlich eine längere Trainingszeit hinter sich und führte die Waren unglaublich flink und konzentriert am Scanner vorbei. Davon könnten sich die nicht selten lethargischen Damen in den altehrwürdigen Supermärkten Fuerteventuras eine Scheibe abschneiden.

Ob die Konsumenten auf Fuerteventura nun tatsächlich wie von LIDL in der Werbung vorgerechnet rund 2.500 Euro pro Jahr einsparen können, wenn sie bei LIDL einkaufen, bleibt erst einmal abzuwarten. An den Preisen liegt es sicher nicht, wenn es mit dem Sparen nicht klappt, denn die sind im Vergleich zu anderen Supermärkten schon sehr günstig. Aber die Massen, die eingekauft werden, lassen die Vermutung aufkommen, dass die Kunden sich verführen, lassen mehr zu kaufen und in der Summe genauso viel ausgeben, anstatt zu sparen. Na ja, selbst wenn… Immerhin bekommen die Verbraucher mehr für ihr Geld.

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