Eigentlich ist Fuerteventura -genau wie die anderen Kanarischen Inseln in Sachen Mehrwertsteuer besser gestellt- als andere Regionen Spaniens. Anstatt der 21% IVA (Impuesto sobre el Valor Añadido), die im restlichen Spanien als indirekte Steuer auf Waren und Dienstleistungen erhoben wird, beträgt der Regelsteuersatz der kanarischen Mehrwertsteuer IGIC (Impuesto General Indirecto de Canarias) lediglich 7%.
Vom Konzept her funktionieren beide indirekten Steuern, die spanische IVA und die kanarische IGIC, ähnlich wie die deutsche Mehrwertsteuer.
Doch ein kleiner aber bedeutender Unterschied zwischen den gesetzlichen Regelungen der IVA und der IGIC stellt für Unternehmen auf den Kanarischen Inseln ein massives Problem dar, wenn Kunden bereits gestellte Rechnungen nicht bezahlen können oder wollen.
Besonders deutlich wird das bei den Nachwirkungen der Thomas Cook Pleite. Als wären die kanarischen Hoteliers und Ausflugsveranstalter durch die Zahlungsausfälle aufgrund der Insolvenz des britischen Reiseveranstalters und seiner Tochtergesellschaften im September 2019 nicht schon genug gestraft, mussten viele Firmen im Moment der vierteljährlichen IGIC-Abrechnungen den voraussichtlich uneinbringbaren Forderungen noch „gutes Geld hinterherwerfen“.
Die meisten kanarischen Unternehmen müssen in jedem Quartal eine IGIC-Steuererklärung abgeben, manche große sogar monatlich.
Die Differenz der IGIC-Beräge, die sie selbst in Rechnung gestellt haben, und derjenigen, die ihnen von anderen Unternehmen in Rechnung gestellt wurden, müssen die Unternehmen alle drei Monate an den Fiskus abführen.
Sollte die Differenz zugunsten des Unternehmens ausfallen, wird der Betrag in der Regel ins nächste Quartal übertragen. Sollte am Jahresende noch immer eine Differenz zugunsten des Unternehmens bestehen, kann der Betrag entweder ins nächste Geschäftsjahr übertragen werden, oder das Unternehmen kann die Rückerstattung beantragen. Die Rückerstattung dauert meist viele Monate.
Berechnete IGIC-Beträge müssen abgeführt werden, selbst wenn sie gar nicht eingenommen wurden
Folgendes Beispiel soll das Problem verdeutlichen, das sich für viele kanarische Unternehmen nun stellt: Angenommen, ein Hotelier hat kurz vor der Pleite eine Rechnung über 1.000.000 Euro netto an Thomas Cook gestellt. Zuzüglich der 7% IGIC hätte Thomas Cook nun 1.070.000 Euro an den Hotelier überweisen müssen.
Aufgrund der Insolvenz von Thomas Cook wird diese Rechnung aber nie bezahlt. Das Hotel verliert also 1.000.000 Euro, die ihm wegen der erbrachten Leistungen zustehen. Die 70.000€ muss das Hotel nun obendrein noch bei der nächsten IGIC-Abrechnung an den Fiskus abführen, obwohl es diesen Betrag nie erhalten hat. Dieses Geld muss das Hotel aus eigenen Mitteln aufbringen.
Solange nämlich das Insolvenzverfahren eines Unternehmens, das seinen Sitz nicht auf den Kanaren hat, noch nicht beendet ist, darf der Unternehmer die Berechnungsgrundlage für die IGIC nicht um die uneinbringbaren Forderungen kürzen. Mit anderen Worten: er darf die Rechnung nicht einfach ausbuchen, um die gar nicht vereinnahmte IGIC nicht abführen zu müssen.
Für Unternehmen im restlichen Teil Spaniens ist die Rechtslage dagegen deutlich günstiger. Sie haben die abgeführten und nicht vereinnahmten IVA-Beträge längst zurückbekommen.
Die kanarischen Unternehmensverbände fordern nun mit Nachdruck, dass die Rechtslage auf den Kanaren rückwirkend dahingehend geändert wird, damit die kanarischen Unternehmen diese Geld nun endlich zurückbekommen. Schließlich ist die Situation nach der Cook-Insolvenz aufgrund der sich anschließenden Pandemie für die Unternehmen auf Fuerteventura und den Kanaren nicht einfacher geworden.
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