Wer gute Arbeit machen soll, braucht auch gutes Werkzeug. Das gilt natürlich auch für die Gemeinderäte der Gemeinden auf Fuerteventura. In einer Welt, in der digitale Prozesse, digitale Dokumente und digitale Zusammenarbeit eine immer wichtigere Rolle spielen, gehört ein Smartphone ohne Zweifel zu diesen unverzichtbaren Werkzeugen.
Die Gemeinde Pájara hat Ende Juli 2023 die Beschaffung von 21 Smartphones für die 13 Gemeinderäte der Regierung und 8 Mitarbeiter in Vertrauenspositionen öffentlich ausgeschrieben. Dafür hat die Gemeinde ein Budget von 28.598,20€ eingeplant.
Während die Politiker sich Apple Iphones der neuesten Generation für einen Stückpreis von 1.299€ gönnen, müssen die Mitarbeiter in Vertrauenspositionen mit Android-Smartphones für 899€ pro Stück vorlieb nehmen.
Für jede Beschaffung müssen zuvor die Notwendigkeit, Eignung und Angemessenheit festgestellt werden.
In dem Dokument zur Rechtfertigung der Ausschreibungsbedingungen der Gemeinde heißt es:
… In der Ära der digitalen Transformation und der operativen Effizienz benötigen Regierungs- und Verwaltungsorgane effektive und aktuelle Kommunikationstools. In diesem Sinne sind Mobilgeräte ein unverzichtbares Werkzeug für den Betrieb der öffentlichen Verwaltung. Mobilgeräte ermöglichen kontinuierliche Kommunikation, den Zugriff auf Echtzeitinformationen, schnelle Entscheidungsfindung und eine höhere operative Effizienz. Daher rechtfertigt die Anschaffung solcher Geräte sich auf der Grundlage der operativen und kommunikativen Anforderungen der Stadtverwaltung von Pájara. …
Dieser Liefervertrag entspricht den Grundsätzen der Notwendigkeit, Effizienz und Verhältnismäßigkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel. Die Notwendigkeit der Mobilgeräte wird durch ihren Einsatz bei der Ausübung von Verwaltungs- und Regierungsfunktionen gerechtfertigt. Die Effizienz zeigt sich in der verbesserten Leistung dieser Funktionen durch den Einsatz aktueller Technologie. Und die Verhältnismäßigkeit zeigt sich im Verhältnis zwischen den Kosten der Mobilgeräte und dem Nutzen in Bezug auf die Verbesserung der operativen Effizienz und der Kommunikation. …
Was muss das Handy eines Gemeinderats leisten, was ein 700€-Smartphone nicht leisten kann?
Wer sich ein Smartphone von seinem eigenen Geld kauft, kann selbstverständlich völlig frei entscheiden, welches Modell er bevorzugt und wie viel er dafür ausgeben möchte.
Wer dagegen öffentliche Gelder für die Anschaffung von Smartphones ausgibt, sollte schon darauf achten, dass die Eigenschaften der Geräte zu den Anforderungen des Arbeitsalltags passen.
Ein schneller Datentransfer dürfte zu den notwendigen Anforderungen zählen, die ein solches Handy erfüllen muss. Ein flüssiger Zugriff auf Dokumente in der Cloud der Gemeinde sind sicher ein angemessenes Kriterium. Dies dürfte jedoch jedes Handy mit 5G problemlos erfüllen.
Warum ein solches Smartphone jedoch den leistungsfähigsten Prozessor, das höchstauflösende Display mit einer Bildwiederholrate von 120Hz und 4 (!) Pro-Kameras haben muss, erschließt sich uns jedoch nicht.
Gesetzestexte und sonstige für die Verwaltung übliche Dokumente liegen üblicherweise im PDF- oder HTML-Format vor. Um diese darzustellen, reicht ein Smartphone der Mittelklasse im Preisbereich von 600 bis 700€ völlig aus.
Viele der in der Ausschreibung geforderten Features brauchen eigentlich nur die sogenannten „Gamer“, die anspruchsvolle Spiele spielen, oder „Influencer“, die das Handy für die Erstellung hochwertiger Videos und Fotos nutzen wollen.
Zum Spielen oder Streamen von Netflix-Videos sollten die Gemeinderäte ihre neuen Diensthandys, die aus der Gemeindekasse bezahlt werden, freilich nicht benutzen.
Auffällig ist auch, dass die Ausschreibung auf die Nachkommastelle genau die Länge, Breite, Dicke und das Gewicht und das Betriebssystem des Smartphones vorgibt. Die Formulierungen lassen klar erkennen, dass es darum ging, ein ganz konkretes Modell zu beschreiben, ohne dieses konkret zu benennen. Wenn es nur ein einziges Modell am Markt gibt, das diese Kriterien exakt erfüllt, können die potentiellen Lieferanten auch nur dieses eine Modell anbieten. Der Wettbewerb, der durch öffentliche Ausschreibungen eigentlich erreicht werden soll, wird dadurch ad absurdum geführt.
Bei so leistungsfähigen Geräten dürfen wir uns vielleicht in naher Zukunft auf sensationelle Pressefotos, visuell und inhaltlich ansprechende Social-Media-Beiträge und gehaltvolle Webseiten der Gemeinde von Pájara freuen!
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