Calima auf Fuerteventura ist lästig, vor allem dann, wenn man wie im vergangenen Winter einfacher die Tage zählen kann, an denn keine Calima war, als die Tage mit Calima. An gerade einmal 12 Tagen der 90-tägigen Zeitspanne des meteorologischen Winters von Dezember bis Februar war die Luft über den Kanaren nicht von Saharastaub beeinträchtigt.
Gerade empfindliche Menschen können durchaus gesundheitliche Beeinträchtigungen durch zu viel Feinstaub in der Luft erleiden. Juckende Augen und eine trocken Nase sind da noch die harmloseren Folgen.
Allerdings hat der Saharastaub auch eine wichtige ökologische Funktion. Rund 30 Tonnen pro Hektar lagern sich jedes Jahr im Amazonasbecken ab. Der im Staub enthaltene Phosphor ist ein wichtiger Dünger, ohne den der Regenwald auf den dort vorherrschenden nährstoffarmen Böden nicht gedeihen könnte.
Doch der Eintrag von Staub aus der Sahara, den die immer häufiger werdenden Calimaepisoden mit sich bringen, könnte einen weiteren, bis dato unbekannten, positiven Effekt bewirken.
Saharastaub beeinflusst Wanderung und Fischfang des Echten Bonito
Eine Studie, an der u.a. Meeresbiologen, Meteorologen, Geophysikern und Geochemikern verschiedener Forschungseinrichtungen beteiligt waren, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Echte Bonito bei seinen Wanderungen den Mustern der Saharastaubablagerung im Atlantik folgt.
Der Echte Bonito (Katsuwonus pelamis) ist einer der wichtigsten kommerziellen Thunfische. Als „Skipjack Tuna“ bildert er der Inhalt der meisten Thunfischkonserven. Auch auf Fuerteventura gehört er zum wichtigsten Fang der heimischen Fischer, die ihn traditionell und vor allem delfinschonend mit einfachen Angeln fangen. Aufgrund seiner Häufigkeit nennen ihn die Fischer auch „conejo del mar“ („Karnickel des Meeres“). Entsprechend seiner Bedeutung für die lokale Fischerei landet der Echte Bonito auch regelmäßig auf den Tellern der Urlauber und Einheimischen.
Die Studie, an der auch der Spanische Nationale Forschungsrat (Consejo Superior de Investigaciones Científicas, CSIC) beteiligt war, hat herausgefunden, dass sich die Gebiete, in denen der Echte Bonito reichlich gefangen wird, von Januar bis August vom Äquator bis zu den Kanarischen Inseln nach Norden verschieben. Dabei folgen die Fische den Ablagerungsmustern des Saharastaubs im Atlantik. Die in der Zeitschrift Atmospheric Environment veröffentlichte Studie betont die Bedeutung des Saharastaubs für das marine Ökosystem.
„Diese Ergebnisse haben enorme fischereiwirtschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen, da der Echte Bonito mit jährlichen Fangmengen von rund 253.000 Tonnen der kommerziell wichtigste Thunfisch im Atlantik ist. Seine Fänge machen laut Daten, die von der Internationalen Kommission zur Erhaltung des atlantischen Thunfisches bereitgestellt wurden, 48 % der Gesamtfänge von Thunfischen und 56 % der Fänge von tropischen Thunfischen im Atlantik aus,“, erklärt Sergio Rodríguez, Forscher am CSIC im Institut für Naturprodukte und Agrobiologie und Hauptautor der Studie.
Die Wanderung des Thunfischs
Jedes Jahr wandert der Echte Bonito von Winter bis Sommer nach Norden, von den Gewässern des Atlantiks am Äquator bis in die Subtropen. Bei seiner Wanderung erreicht unter anderem Mauretanien und die Kanarischen Inseln.
Während dieser Wanderung sammeln sich die Raubfische in Gebieten, in denen sie reichlich Beute finden. Der Echte Bonito ernährt sich hauptsächlich von kleinen Fischen und Kopffüßern. In diesen Gebieten wird er gleichzeitig reichlich gefischt.
Damit in diesen Gebiete viele Beutetiere heranwachsen können, müssen diese wiederum genug Nahrung in Form von Phytoplankton finden welches die unterste Stufe der Nahrungskette bildet. Phytoplankton benötigt wiederum bedeutende Nährstoffzufuhren, die quasi wie Dünger dessen Wachstum ermöglichen.
Der Wüstenstaub aus der Sahara wird von Nordafrika über eine Luftströmung, die als Saharaluftschicht bezeichnet wird, über den Atlantik getragen.
Die atlantischen Gewässer unter dieser staubigen Luftströmung sind oft mit atmosphärischen Ablagerungen des Saharastaubs angereichert.
„Aufgrund der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre bewegt sich die staubige Saharaluftschicht Monat für Monat vom Winter bis Sommer nach Norden, und Echte Bonito bewegen sich unterhalb dieser Staubströmung“, so Rodríguez.
Aufgrund dieser Verschiebung befinden sich die Hauptfanggründe im Winter nahe dem Äquator, im Frühjahr in den offenen Gewässern vor Liberia und Guinea und im Sommer in den offenen Gewässern vor Mauretanien. In diesen Regionen beginnt die Fangsaison für den Echte Bonito in der Regel, wenn die Saharaluftschicht saisonal darüber hinwegzieht, beginnend im April in Senegal und im Juni auf den Kanaren.
Im Falle der Kanaren dauert die Fangsaison des <eb in der Regel von Juni bis September, mit den höchsten Fangmengen im Juli und August, dem Zeitraum, in dem die Saharaluftschicht den Archipel beeinflusst. „Die Forscher haben sich darauf geeinigt, diese Wanderung vom Äquator zu den Kanarischen Inseln als atlantisch-saharische Migration des Echten Bonito zu bezeichnen“, erklärt der Forscher.
Nährstoffreicher Saharastaub
Marine Ökosysteme benötigen Nährstoffe für das Wachstum von Phytoplankton. Diese können auf verschiedenen Wegen zu den Oberflächengewässern gelangen. Die neue Studie hebt die Bedeutung der atmosphärischen Zufuhr dieser spezifischen Nährstoffe hervor.
„Die offenen Gewässer der Ozeane werden oft als ‚blaue Wüsten‘ bezeichnet, weil sie häufig nährstoffarm und daher auch arm an Phytoplankton sind.
In diesen Gebieten stellt die atmosphärische Ablagerung, die in erster Linie durch Saharastaubs erfolgt, den größten Beitrag an Nährstoffen dar.
Der Saharastaub enthält Eisen (4 %) und Phosphor (0,8 ‰), die essentiell sind, damit Phytoplankton Stickstoff fixieren und zur Erzeugung von Aminosäuren verwenden kann“, erklärt Rodríguez. „Er enthält auch Silizium (18 %) und Kalzium (4 %), die entscheidend sind, damit Phytoplankton Skelette und Schalen bilden kann, sowie Metalle wie Mangan, Zink, Kobalt und Nickel, die für Stoffwechselfunktionen essenziell sind“, fügt er hinzu.
Im Atlantik befindet sich die größte Konzentration des Echten Bonito vor den Küsten Nordwestafrikas, wo es zwei bedeutende Nährstoffquellen gibt: die Auftriebe von Tiefenwasser (reich an Silizium und Stickstoff) und die Ablagerung von Saharastaub (der Eisen, Phosphor und eine Mischung essentieller Spurenelemente liefert). 89 % des Echten Bonito im Atlantik werden zwischen dem Äquator und den Kanaren gefangen, der Region, die die größten Mengen an Saharawüstenstaub erhält.
Diese massive Nährstoffablagerung durch den Saharastaub könnte auch anderen wirtschaftlich wichtigen Fischarten zugutekommen, einschließlich anderer kommerziell bedeutender tropischer Thunfische.
Die neue Studie deutet auch darauf hin, dass an den Küsten von Gabun, Angola und Namibia eine ähnliche Migration wie die atlantisch-saharische stattfinden könnte, jedoch vom Äquator in Richtung Süden. Diese betrifft allerdings eine kleineren Bestand an Thunfischen und ist an die Staubzufuhr aus der Namib-Wüste und der Kalahari und den Auftrieb des Benguelastroms gekoppelt.
Möglicherweise könnte also immer mehr Calima in den Wintermonaten und steigende Wassertemperaturen dazu führen, dass vor den Kanaren auch im Winter noch mehr Echte Bonitos gefangen werden können.
Allerdings könnte es natürlich auch andere Auswirkungen auf das Ökosystem geben, die einen entgegengesetzten Effekt auf die Thunfischbestände haben.
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