Teneriffa will Autofahrer belohnen, wenn mehr als 2 Personen im Auto sitzen

Stau b

Auf vielen Straßen Teneriffas bahnt sich vor allem zur morgendlichen Rushhour ein Verkehrskollaps an. Insbesondere im Bereich der Universitätsstadt La Laguna bilden sich regelmäßig Staus.
Gespräche mit der Leitung der Universität, die Stundenpläne und Vorlesungszeiten zu verändern, um das Verkehrsaufkommen zu entzerren, sind bisher ohne Ergebnis geblieben. Nun hat der Präsident des Cabildo (Inselverwaltung) von Teneriffa, Carlos Alonso Rodriguez, die Einführung einer App angekündigt, mit deren Hilfe man die Mitnahme von anderen Personen im privaten PKW belohnen möchte.

Mithilfe der Mobiltelefone soll erkannt werden, wenn sich mehr als 2 Personen im PKW befinden, und sowohl dem Fahrer, als auch dem Mitfahrern soll dann abhängig von der gemeinsam zurückgelegten Streckenlänge eine Prämie gewährt werden, die auf der Bonuskarte „Ten+“ der Teilnehmer gutgeschrieben wird. Diese Karte, die vom Cabildo herausgegeben wird, beinhaltet eine Geldkartenfunktion. Das Guthaben können die Teilnehmer der Fahrgemeinschaften dann für u.a. Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel, Parkgebühren oder andere öffentliche Dienstleistungen ausgeben.

Der Cabildopräsident rechnet vor, dass von 10 Autos, die im morgendlichen Berufsverkehr unterwegs sind, 9 nur mit dem Fahrer besetzt sind. „Wenn wir erreichen könnten, dass 3 dieser Fahrzeuge mit 3 Insassen unterwegs sind, würden wir 7 Autos von der Straße bekommen und das ist bedeutend vor allem in diesem Zeitfenster.“

Um dem Verkehrskollaps entgegen zu wirken, arbeite das Cabildo zum einem an der  Verbesserung der Straßen und wolle zum anderen auch die öffentlichen Verkehrsmittel verbessern und günstiger machen.

Was Carlos Alonso als neue Idee für die Lösung eines Verkehrsproblems präsentiert, ist bei genauer Betrachtung ein alter Hut. Mitfahrzentralen gab es in Deutschland schon vor Jahrzehnten, als Internet, Smartphones und Apps noch nicht einmal erfunden waren. Mit den neuen technischen Möglichkeiten sind Plattformen entstanden, die das gemeinsame Fahren professionell organisieren. Es scheint also absurd, dass die Inselverwaltung das Rad neu erfinden will, obwohl es schon dutzende technische ausgereifte und wirtschaftlich funktionierende Lösungen gibt.

Was das Cabildo von Teneriffa bei seinem Vorschlag offenbar nicht bedacht hat, ist die aktuelle Gesetzeslage auf den Kanaren: das Kanarische Transportgesetz verbietet ausdrücklich jegliche direkte oder indirekte Entlohnung eines privaten Autofahrers durch Mitfahrer. Die Gutschrift einer Prämie wäre also nach derzeitiger Rechtslage illegal! Wir haben Carlos Alonso zu diesem Punkt eine Anfrage über seine Facebooseite geschickt, aber bisher noch keine Antwort erhalten.

Wenn die Vergütung der Teilnehmer von Fahrgemeinschaften zur Lösung der Verkehrsproblematik auf Teneriffa beitragen soll, gäbe es für die Politik eine ganz einfache Lösung: einen einzigen Satz aus dem Kanarischen Transportgesetz streichen!

Dann bräuchte man auch keine App zu entwickeln, die sicher einige hunderttausend Euro an Steuergeldern kostet und deren Erfolg ungewiss ist. Private Unternehmen, die entsprechende Services bereits anbieten, könnten legal auf den Kanaren arbeiten und Autofahrer könnten selbst entscheiden, wie sie für das zur Verfügung Stellen Ihres Fahrzeugs entlohnt werden möchten. Solche Probleme kann der Markt sicher besser und effizienter regeln, als eine Behörde.

Wenn die Politik das Transportgesetz schon anfasst, dann gäbe es noch ein paar weitere Möglichkeiten, ein wenig Innovationsbereitschaft zu zeigen: das Vermieten eines privaten PKW ist auf den Kanaren verboten. In Deutschland boomen derzeit Plattformen, die genau solche privaten Vermietungen vermitteln.

Das Carsharing ist genauso streng reguliert, wie die gewerbliche Autovermietung. Ein Carsharinganbieter muss eine Flotte von mindestens 20 Fahrzeugen besitzen und eine entsprechende Zahl von Garagenplätzen nachweisen. Damit werden kleine innovative Lösungen z.B. im Rahmen eines Nachbarschaftsvereins im Keim erstickt.

Es ist grundsätzlich lobenswert, wenn die Politik sich Gedanken über Lösungsmöglichkeiten für Verkehrsprobleme macht. Aber im konkreten Fall wäre es sicher besser, den Dingen einfach ihren freien Lauf zu lassen, sprich gesetzliche Hemmnisse abzubauen.

Grundsätzlich sollte man sich nicht allzu viel Hoffnung machen, dass private, entgeltliche Fahrgemeinschaften viel an der derzeitigen Situation ändern werden. Allein im Auto zur Arbeit zu fahren, ist mit Sicherheit die ineffizienteste und teuerste Art der Mobilität. Es scheint also den Autofahrern nicht ums Geld zu gehen, sondern um andere Dinge wie Unabhängigkeit und Freiheit. Dafür nehmen sie scheinbar sogar in Kauf, zu hohen Kosten im Stau gefangen zu sein.

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