Medien und Journalisten wehren sich gegen Zensur durch spanische Regierung

Zeitungen-zensiert

Bohrende Fragen von Journalisten dürften viele Politiker als äußerst lästig empfinden. Die die Möglichkeit, auf Pressekonferenzen Fragen zu stellen, ist zweifelsfrei einer der Grundpfeiler der Pressefreiheit, die in den Verfassungen moderner Demokratien in Form der Informationsfreiheit und der Meinungsfreiheit unverrückbar verankert ist.

In der spanischen Verfassung ist die Meinungs- und Informationsfreiheit im Artikel 20 geregelt.

Dieser Artikel gewährt unter anderem das Recht, „Gedanken, Ideen und Meinungen mündlich, schriftlich oder mit jedem anderen Wiedergabemedium frei auszudrücken und zu verbreiten“ sowie „wahre Information über jedes Verbreitungsmedium mitzuteilen und zu empfangen“.

Außerdem garantiert dieser Artikel der Verfassung, dass „die Ausübung dieser Rechte durch keine Form der vorherigen Zensur beschränkt werden kann“.

An den Grundrechten auf Informationsfreiheit und Meinungsfreiheit ändert auch der Alarmzustand nichts, der ebenfalls in der spanischen Verfassung geregelt und durch ein Gesetz (LO 4/1981) weiter ausgeführt ist.

Das ist offenbar auch der spanischen Regierung bewusst, den trotz des Alarmzustands und der darauf begründeten Ausgangssperre dürfen Journalisten sich weiterhin frei bewegen, um ihre Funktion auszuüben, Druckereien dürfen weiterhin Zeitungen und Zeitschriften Drucken. Außerdem dürfen Printmedien weiterhin ausgeliefert werden und Zeitungskioske und Presseverkaufsstellen dürfen weiterhin geöffnet bleiben.

Zensur durch Auswahl der Fragen bei Pressekonferenzen

Dennoch haben die spanische Regierung wie auch viele Regionalregierungen, darunter auch das Cabildo de Fuerteventura, einen Weg gefunden, unangenehmen Fragen während der Ausgangssperre auszuweichen.

Da ja aus Gründen der Hygiene Pressekonferenzen nur noch ohne die Anwesenheit von Journalisten stattfinden können, werden diese per Video übertragen. Journalisten dürfen VOR der Pressekonferenz Fragen z.B. per Whatsappchat einreichen. Diese Fragen werden dann NACH der Presseerklärung verlesen und vom Erklärenden vor laufender Kamera „beantwortet“.

Und so werden alle Fragen, die die Presse also an die Minister oder den Präsidenten der spanischen Regierung stellen möchte, VOR der Presseerklärung vom Staatssekretär für Kommunikation gefiltert. Verlesen werden nur die Fragen, die man auch beantworten möchte.

Bei dieser Vorgehensweise liegt die Vermutung nahe, dass besonders kritische Fragen von nicht linientreuen Medien gerne unter den Tisch gelassen werden. Fragen, deren Antworten man dagegen gerne verbreiten möchte, werden dagegen bevorzugt behandelt.

Medien wollen bei dieser Farce nicht mehr mitmachen

Mehr als 300 Journalisten und Medienvertreter haben diese Vorgehensweise schon seit längeren kritisiert und in einem offenen Brief an die Regierung unter der Überschrift „Die Freiheit zu fragen“ (La Libertad a Preguntar) als eindeutige Zensur bezeichnet. Viele renommierte und große Medien, darunter z.B. El Mundo und ABC, haben angekündigt, sich an dieser „Farce“ nicht weiter zu beteiligen und keine Fragen mehr einzureichen, bevor das Verfahren nicht geändert worden ist.

Für die Journalisten ist das Recht auf Information während des Alarmzustands wichtiger denn je. Denn schließlich verfüge die Regierung über eine Macht, die über das normale Maß hinausgeht, weshalb es besonders wichtig sei, das die Presse ihre Kontrollfunktion ausüben kann, vor allem da auch das Parlament seine Aktivität deutlich eingeschränkt habe.“

Die wichtigste Form, diese Funktion als Journalist auszuüben, sei das Stellen von Fragen und Nachfragen.

Für die Journalisten sind „technische Schwierigkeiten“ nichts als Ausreden. Andere politische Akteure im In- und Ausland führten schließlich auch Pressekonferenzen per Video durch und erlaubten Fragen in Echtzeit per Videoanruf. So, und nur so, könnten die Personen, die die Pressekonferenz geben, nicht mit Abschweifungen antworten, so wie es wiederholt bei den Pressekonferenzen aus der Moncloa (Sitz der spansichen Regierung) geschehen sei.

Aus diesen Gründen fordern die unterzeichnenden Medien und Journalisten eine sofortige Änderung der Vorgehensweise bei den Pressekonferenzen.

Regierung lehnte Änderung bei der Fragestellung bisher ohne nachvollziehbare Begründung ab

Die spanische Regierung hatte die Vorwürfe lange Zeit zurückgewiesen und eine Änderung des Verfahrens eine ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt. Möglicherweise sieht sie sich aber durch den Druck der Medien nun doch gezwungen, von ihre Position abzurücken. Der Staatssekretär für Kommunikation hatte die Medien aufgefordert, an einem System für die Fragestellung mitzuarbeiten. Bis dieses aber aktiv sei, werde es bei dem bekannten Verfahren bleiben.

Erste Tele-Pressekonferenz mit Live-Fragen am 06.04.2020

Am 06.04.2020 hat die spanische Regierung dem Druck der Presse nachgegeben und ein System eingerichtet, dass Fragen der Journalisten in Echtzeit per Videoanruf ermöglicht. Wer im virtuellen Presseraum anwesend sein darf, wer Fragen stellen darf und ob die Journalisten mit der Lösung zufrieden sind, bleibt abzuwarten.

Allerdings zeigten sich bei der Verwendung des Systems anfängliche technische Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fragen.

Auch das Cabildo de Fuerteventura hat am 06.04.2020 bei der Pressekonferenz des Präsidenten Blas Acosta Live-Fragen ermöglicht.

1. Pressekonferenz der Minister Illa und Ábalos mit Live-Fragen
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Offener Brief der der Medien für „die Freiheit zu fragen“
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