Der „catastrazo“ erreicht die Kanaren

Mit einer groß angelegten Kampagne zur Neuberechnung des Katasterwertes will die spanische Regierung seit 2013 Immobilieneigentümern auf die Schliche kommen, die bislang zu wenig oder sogar gar keine Grundsteuer (Impuesto de Bienes Inmuebles, kurz IBI) an ihre Gemeinde bezahlt haben. Nachdem im ersten Jahr der Kampagne bereits 176 Gemeinden untersucht wurden, soll die Steuerregulierung mit Ausnahme des Baskenlandes und Navarra bis 2016 nach und nach in allen Teilen Spaniens umgesetzt werden. Schon gegen Ende dieses Jahres wird die Zahl der kontrollierten Gemeinden auf knapp 1.000 ansteigen.

Darunter haben sich auch mittlerweile 39 der insgesamt 88 kanarischen Gemeinden dazu bereit erklärt, an dieser Kampagne teilzunehmen und ihre Bewohner dazu „einzuladen“, vorgenommene Änderungen oder Erweiterungen an ihren Immobilien beim Katasteramt zu melden, um eine korrekte Berechnung der zu zahlenden Grundsteuer zu gewährleisten. Um diesen Plan umzusetzen greifen die Gemeinden sogar zu Helikoptern, um den aktuellen Immobilienstand mithilfe von Luftaufnahmen zu erfassen und diesen mit den Bauordnungsplänen abgleichen zu können. So sollen Immobilienbesitzer für Erweiterungen an ihren Häusern, die dem Katasteramt nicht gemeldet wurden, zur Kasse gebeten werden. Dabei ist es ganz egal, ob eine Baugenehmigung dafür vorlag oder nicht. Oft handelt es sich bei solchen unangemeldeten Umbauten oder Erweiterungen um eine nachträglich errichtete Garage oder die Schließung von Balkonen oder Terrassen, um zusätzlichen Wohnraum hinzu zu gewinnen. Doch so klein diese Arbeiten auch sein mögen, sie wirken sich letztendlich auf den Wert der Immobilie aus und ändern somit auch die Berechnungsgrundlage der abzutretenden Grundsteuer.

Das Ziel, das das Finanzministerium mit diesen Überprüfungsmaßnahmen verfolgt, ist einerseits, gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen und andererseits höhere Einnahmen durch die Grundsteuer zu erzielen, die als Haupteinnahmequelle der Gemeinden gilt.

Dennoch weisen Finanzexperten darauf hin, dass tatsächlich nur sehr wenige Bürger über die Verpflichtung informiert sind, dass etwaige Veränderungen an ihren Immobilien katasteramtlich eingetragen werden müssen. Viele seien der Meinung, dass die Einholung einer entsprechenden Baugenehmigung bei der Gemeinde ausreichend ist. Dieses allgemeine Unwissen in der spanischen Bevölkerung stellt den zentralen Kritikpunkt der Kampagne zur Neubewertung von Immobilien dar, die als „catastrazo“ bekannt wurde. Kritiker werfen dem Staat „Steuergefräßigkeit“ vor, die einzelnen Gemeinden hätten zudem „eine schlechte finanzielle Handhabung.“

Ab hier stellt sich nun die Frage über Recht oder Unrecht. Laut Schätzungen der Regierung wird sich diese Regulierung auf bis zu 10 Prozent aller jährlich berechneten Grundsteuerzahlungen auswirken. Für das spanische Finanzministerium handelt es sich dabei klar um eine Initiative im Kampf gegen Steuerhinterziehung, die im Maßnahmenpaket zur Sanierung der Staatskasse enthalten ist. Es gäbe viele Renovierungen an Immobilien, die unrechtmäßig stattfänden. Diese müssten aufgedeckt werden, nicht zuletzt weil sie die Vorteile zahlreicher öffentlicher Gemeindedienste genießen und dies auf Kosten der Immobilienbesitzer gehe, die ihre Grundstücke korrekt angemeldet hätten, so Finanzminister Cristobál Montoro in einer Pressemeldung. Außerdem wird aus Madrid argumentiert, dass es sich bei der Kampagne sogar um eine entgegenkommende Maßnahme handelt. Den betroffenen Eigentümern könnten für die unzureichende Anmeldung Geldstrafen in Höhe von 6.000 Euro erteilt werden. Stattdessen wird ihnen die Möglichkeit einer Art Steueramnestie geboten, indem sie mit der Zahlung einer 60-Euro-Gebühr um die Strafe herumkommen. Dennoch kann die Kampagne rückwirkend sein, weil die Berechnung ab dem Zeitpunkt beginnt, an dem die entsprechenden Arbeiten fertiggestellt wurden. D.h. nach Berücksichtigung der Verjährungsfrist ist es durchaus möglich, dass manche Eigentümer den Wertanstieg ihrer Immobilie für vier vorangegangene Jahre bezahlen müssen.

Die von der Regierung getroffenen Maßnahmen sind innerhalb der Bevölkerung so unbeliebt, dass es scheint, als ob ihre Durchführung in bestimmten Regionen Spaniens hinsichtlich der im nächsten Jahr stattfindenden Parlamentswahlen absichtlich hinausgezögert wird. Kritiker behaupten, dass größere Städte, die sich durch mehr potenzielle Wähler auszeichnen, noch absichtlich von der Kampagne verschont blieben. So gehörten bislang weder Madrid noch Barcelona zu den Orten, in denen der Immobilienstand geprüft wurde. Auch die Hauptstädte vieler Provinzen, so wie Alicante, Salamanca, Murcia oder Santa Cruz de Tenerife stehen derzeit noch aus. Trotz den vielen Vorwürfen gibt es allerdings noch keine genauen Zahlen, die aufzeigen, wie die Maßnahme die Einnahmen der Gemeindekassen begünstigt. Fest stehen nur die Kosten der Kampagne – rund 124 Millionen Euro.

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