Absurde Gesetzte: Haus verloren und deshalb Steuerschuldner

Rund 300 Familien verlieren zurzeit pro Tag ihr Zuhause, weil sie ihre Hypothek nicht mehr bezahlen konnten. Oft übersteigen die Schulden den Anschaffungspreis der Wohnung, weil sich zur eigentlichen Hauptforderung noch Verzugszinsen und Verfahrenskosten anhäufen.

Da infolge der Immobilienkrise die Werte der Immobilien abgestürzt sind, finden sich während der Zwangsversteigerung in der Regel keine Käufer. In diesem Fall übernimmt die Bank die Immobilie zu einem Wert, der mitunter nur 50% des ursprünglichen Kaufpreises ausmacht. Den Schuldenberg, der über diesen „Zuschlagswert“ hinaus geht, schleppt der Schuldner auch nach dem Verlust seiner Wohnung womöglich sein Leben lang mit sich. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren wie z.B. in Deutschland, mit der die Schuldner irgendwann eine Restschuldbefreiung erreichen könnten, gibt es in Spanien nicht.

Als Lösung für das Problem der lebenslänglichen Verschuldung forderten Verbraucherschutzverbände die „dación en pago“, also die Möglichkeit für die Hypothekenschuldner, Ihre Wohnung an die Bank zu übertragen, und damit ihre Schulden bei der Bank vollständig zu tilgen.

Doch diese Option hat steuerliche Konsequenzen, die vielen gar nicht bewusst ist, und die diejenigen, die ihre Wohnung mit meist großen wirtschaftlichen Verlusten verloren haben, plötzlich zu Steuerschuldnern macht.

Grundsätzlich stellt die Übertragung der Immobilie eine Veräußerung dar, bei der zum einen die sogenannte Plusvalía anfällt. Diese Steuer hängt nicht vom tatsächlichen Anschaffungs- und Veräußerungswert ab, sondern von der Entwicklung der Katasterwerte des Grundstücksanteils währen der Dauer des Besitzes, und ist an die Gemeinde zu zahlen.

Wie jede andere Immobilientransaktion kann die Übertragung an die Bank auch Auswirkungen auf die Einkommensteuern haben. Die Einkommensteuer, die bei einer Immobilientransaktion anfällt, richtet sich -stark vereinfacht- nach der Differenz aus Veräußerungswert minus Anschaffungswert. Das Ergebnis ist das zu versteuernde Einkommen.

Ein Beispiel soll die Steuerfalle verdeutlichen: Angenommen ein Hypothekenschuldner hat eine Immobilie vor ein paar Jahren für 192.000 Euro gekauft und zu 100% finanziert. In den ersten Jahren hat er 20.000 Euro getilgt, sodass die Restschuld noch 172.000 Euro betrug, als er arbeitslos wurde, und die monatlichen Raten nicht mehr aufbringen konnte. Durch Verzugszinsen und Verfahrenskosten sind die Gesamtschulden in kurzer Zeit auf 220.000€ angestiegen. Übergibt der Schuldner nun die Immobilie an die Bank, ist genau dieser Betrag von 220.000€, der den erlassenen Schulden entspricht, der Wert zu dem der Schuldner die Immobilie veräußert. Zieht man den Anschaffungswert von 192.000€ ab, bleibt ein „Gewinn“ bzw. „Vermögenszuwachs“ von 28.000€, auf den Einkommensteuer fällig wird. Mit anderen Worten: Die Familie ist obdachlos, die Schulden bei der Bank sind zwar weg, aber die 20.000€, die die Familie für die Tilgung ausgegeben hat, sind verloren, und dennoch muss die Familie 28.000€ „Einkommen“ versteuern.

Um diesen Effekt abzumildern, hat sich die spanische Regierung ein Gesetz erlassen. Doch davon profitiert nur eine verschwindend geringe Anzahl von Betroffenen. Das Gesetz sieht zwar vor, dass bei der „dación en pago“ die Plusvalía von der Bank zu tragen ist, und dass der „Veräußerungsgewinn“ steuerfrei ist, aber nur dann wenn der Schuldner bestimmte Kriterien erfüllt. So darf der Anschaffungspreis der Wohnung bestimmte Werte nicht übersteigen, es muss sich um den ersten Wohnsitz gehandelt haben, der Schuldner muss arbeitslos sein, oder die Monatsrate der Hypothek muss mindestens 60% des Familieneinkommens betragen haben. Außerdem darf die Hypothek nicht zusätzlich durch z.B. bürgende Verwandte abgesichert sein, es sei denn auch diese leben bereits in ruinösen finanziellen Verhältnissen. Die Schuldner, die ihre Wohnung zur Tilgung an die Bank geben, kommen also nur dann in den Genuss der „Steuervorteile“, wenn sie bereits hoffnungslos ruiniert sind und die Steuern ohnehin voraussichtlich niemals einzutreiben wären.

Es ist absurd, dass Menschen die praktisch alles verlieren, durch buchhalterische Berechnungen zu Steuerschuldner werden, obwohl sie tatsächlich herbe Verluste erzielt haben. Eigentlich wäre das Problem ganz einfach zu lösen, indem man die angefallenen Verzugszinsen und Gerichtskosten als abzugsfähige Ausgaben anerkennen würde. Denn diese Kosten waren ja unabdingbar notwendig, um von der Bank den hohen Verrechnungspreis für die Inzahlungnahme der Wohnung überhaupt zu erreichen.

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