Neue Diskriminierungs-Idee der Kanarischen Regierung: mindestens ein Mitarbeiter in Restaurants muss Spanisch sprechen

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Die Kanarische Regierung hat am 13.08.2018 den Entwurf eines neuen Gastronomie-Gesetz veröffentlicht. Bis zum 13.09.2018 können Bürger diesen Entwurf konsultieren und kommentieren.

Im Artikel 8 werden die Bedingungen und Verpflichtungen aufgezählt, die Gastronomie-Betriebe erfüllen müssen. Und so heißt es in Artikel 8, Absatz a): „Die Betriebe müssen während ihrer gesamten Öffnungszeit über mindestens eine Person verfügen, die Spanisch spricht.“

Auf den ersten Blick klingt diese Vorschrift vielleicht ganz harmlos. Doch schnell wird deutlich, dass es sich dabei um einen Eingriff in zwei wesentliche Grundrechte der Europäischen Union handelt: Die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit.

Konsultation bei „Ihr Europa“

Die Redaktion Fuerteventura-Zeitung hat daher eine Anfrage an die Beratungs- und Beschwerdestelle der Europäischen Union „Ihr Europa“ gestellt.

Hier die Antwort:

„Sehr geehrter Herr, vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die gesetzliche Bestimmung, dass gastronomische Betriebe zwingend eine Spanisch sprechende Person einstellen müssen, könnte in der Tat ein Eingriff in die europarechtliche verankerte Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit darstellen, da die Möglichkeit einen Betrieb zu eröffnen bzw. einen Betrieb zu führen durch die gesetzliche Vorgabe für Bürger aus anderen EU-Staaten zumindest mittelbar eingeschränkt wird. Einschränkungen der benannten Grundfreiheiten per Gesetz oder Verordnung sind nur dann rechtmäßig, wenn objektive Gründe für den Eingriff gegeben sind.

Bei einer mutmaßlichen Verletzung des Unionsrechts durch einen EU-Mitgliedstaat haben Sie als Betroffener die Möglichkeit eine Beschwerde bei der EU-Kommission einzureichen.

Informationen zum Verfahren sowie ein Beschwerdeformular, dass online oder per Post eingereicht werden kann, erhalten Sie unter:

Rechtsgrundlagen:

Art. 56 bis Art. 62 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Art. 49 bis Art. 55 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Europa – Beratung

Gesetzliche Verpflichtung zum Spanisch-Sprechen dürfte schwer zu rechtfertigen sein

Für einen EU-Bürger, der auf den Kanaren ein Restaurant oder eine Bar betreiben möchte, bedeutet eine Verpflichtung zum Spanisch-Sprechen also eine erhebliche Einschränkung seiner Niederlassungsfreiheit und seiner Dienstleistungsfreiheit, wenn er selbst kein Spanisch kann. Besonders betroffen sein dürften Einmann-Betriebe sowie kleine Familienbetriebe, die sich keine angestellten Mitarbeiter leisten können. Insofern ist der Gesetzesentwurf der Kanarischen Regierung klar diskriminierend und verstößt gegen EU-Recht.

Uns fällt auch bei längerem Nachdenken kein Grund ein, warum die Anwesenheit einer Spanisch sprechenden Person in einem Restaurant so zwingend notwendig ist, dass sie die Einschränkung von Grundrechten rechtfertigen würde.

Wenn auf den Kanaren jemand nur Eisbein und Sauerkraut in einem authentischen deutschen Restaurant ausschließlich an Landsleute verkaufen möchte, soll er es doch tun! Wenn dieses Konzept spanischen Gästen nicht gefällt, sind sie ja schließlich nicht gezwungen, dort einzukehren. Im Bereich der Gastronomie kann man diese Problematik allein der Selbstregulierung des freien Marktes überlassen.

Man „sollte“ die Landessprache sprechen. „Müssen“ muss man aber nicht!

Natürlich herrscht die weit verbreitete Meinung, dass man als Unternehmer im Ausland die Landessprache spreche sollte. Schon allein wegen der Integration und des Geschäftserfolgs. Doch solche „Sollvorschriften“ basieren rein auf Moralvorstellungen und haben im EU-Recht keine gesetzliche Grundlage.

Die Kanarische Regierung hatte mit ihrem Aktiv-Tourismus-Gesetz vom Februar 2018 gerade erst eine andere Vorschrift herausgebracht, die EU-Bürger wegen ihrer Sprache benachteiligt. Dieses Gesetz sieht vor, dass Ausländer, die im Aktiv-Tourismus arbeiten, mindestens das Spanisch-Sprachniveau B1 nachweisen müssen. Für den Erwerb der spanischen Staatsbürgerschaft ist jedoch nur das Anfänger-Niveau A2 erforderlich.

Das geplante Gastronomie-Gesetz schreibt dagegen nicht vor, welches Sprachniveau erforderlich ist und wie die Spanisch-Kenntnisse nachgewiesen werden müssen. Folglich ist es völlig unklar, nach welchen Kriterien die Erfüllung der Spanisch-Verpflichtung kontrolliert und durchgesetzt werden kann. Möglicherweise reichen ja schon die Grundkenntnisse eines jeden Spanischurlaubers: „una cerveza, por favor.“

Was ist die wahre Intention dieser diskriminierenden Vorschrift?

Gerade diese Unschärfe im Gesetzesentwurf könnte darauf hinweisen, dass man eh schon ahnt, dass die Vorschrift nicht durchsetzbar ist, und sie auch gar nicht ernsthaft durchsetzen will. Und das könnte auf wahre Intention der nationalistischen Kanarischen Regierung hindeuten: Populismus und Wahlkampfvorbereitung.

In 2019 stehen auf den Kanaren Parlamentswahlen an. Wenn man die Botschaft des Artikels 8, a) in ganz einfache Worte fasst, lautet diese: „Kauft nur bei Spaniern!“ (oder zumindest nur bei denen, die Spanisch sprechen oder Spanier einstellen).

Und eine solche Botschaft könnte den regierenden Nationalisten beim derzeitigen europaweiten Trend zum Populismus einige extra Stimmen bringen.

Nicht auszudenken, welchen Aufruhr eine solche Botschaft in einem deutschen Gesetz nach sich ziehen würde!

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2 Kommentare

  1. Als gesetz finde ich es übertrieben, aber wenn wir von restaurants und bars sprechen, muss man bedenken, das notfälle passieren können wie zum Beispiel Herzinfarkt und Alergie anfall und wenn der Gast ein Spanier ist oder der Besitzer nur Deutsch spricht, kann es zu erheblichen Zeitverzögerungen und Fehlern kommen.

    • Natürlich kann es in einem Restaurant Notfälle geben. Diese lassen sich aber über Zwang zum Spanisch-Können nicht verhindern. Man müsste dann schon den Restaurantbetreiber verpflichten, die Sprache seiner Gäste zu sprechen. Was hätte ein englischer Gast, der einen Herzinfarkt erleidet, für einen Vorteil, wenn im Restaurant Spanisch gesprochen wird, aber kein Englisch?
      Die Kanarische Notrufnummer (112) „spricht“ viele europäische Sprachen. Über Allergene in den Speisen muss, wie überall in Europa, SCHRIFTLICH in der SPEISEKARTE hingewiesen werden.

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